TRAK Wendisch: Seiltänzer 2001
In der Folge des Hauptstadtbeschlusses 1991 verlagerte das Auswärtige Amt seinen ersten Dienstsitz nach Berlin. Dafür wurde das aus den 1930er-Jahren stammende Reichsbankgebäude am Werderschen Markt vom Architekturbüro Hans Kollhoff unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten so saniert, dass historische Schichten erhalten blieben und gleichzeitig eine ästhetische Sprache für die heutige Nutzung gefunden wurde. Aus dem Wettbewerb zur Gestaltung der Dachterrassen des Altbaus ging als ein Preisträger der Berliner Künstler TRAK Wendisch, geboren 1958, mit seiner Arbeit „Seiltänzer“ hervor. Knapp unterhalb der Dachkante ist quer über den Hof ein Seil gespannt, an dem zwei Figuren aus Aluminiumguss balancieren. Typisch für Wendischs figurale, plastische Arbeiten sind die äußerst filigranen Figuren, die eine grafische Wirkung im Gegenlicht oder als Schattenwurf auf der Hausfassade zeigen. Wendisch arbeitet zeichnerisch, malerisch und skulptural und versteht es trotz der Autonomie der Gattungen, die verschiedenen Medien durch seine sehr eigene Handschrift miteinander zu verknüpfen. Gemeinsam ist allen Skulpturen die ungeheure Spannung in der Figur selbst, aber auch in ihrem Verhältnis zum Raum. Die „Seiltänzer“ bilden einen spielerischen, aber auch spannungsreichen Kontrast zu der Rasterfassade des Altbaus. Es hat etwas Beunruhigendes, wie der eine Tänzer auf dem Seil stehend balanciert und der andere kopfüber nach unten hängt, und doch sind beide voller Harmonie und Schönheit. Zu der Themenwelt des Künstlers gehören Macht und Ohnmacht, Überlebenskampf und Abhängigkeit, Ausbeutung und Isolation des Menschen, ohne jemals illustrativ zu werden. Der bildhafte Ausdruck der Überwindung einer gefährlichen, schwierigen Aufgabe erschien der Jury passend für einen Ort, der für Deutschlands wachsende internationale Verantwortung in einer globalisierten Welt steht. Außenpolitik ist oft ein schwieriger Balanceakt zwischen unterschiedlichen Interessenlagen. SvM
Weiterführende Literatur Online:
Anne Schmedding / Constanze von Marlin (Autoren), BMVBS (Hrsg.): Kurzdokumentation von 200 Kunst-am-Bau-Werken im Auftrag des Bundes seit 1950. BMVBS-Online-Publikation 25/2012.
Claudia Büttner (Autorin), BMVBS (Hrsg.): Geschichte der Kunst am Bau in Deutschland, BMVBS-Online-Publikation, Berlin 2011.
Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Die Projekte des Bundes in Berlin, hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW), Berlin 2002, S. 96 f.
Freiplastik / Skulptur
Aluminiumguss, Seil
2 Figuren je ca. 250 cm Höhe, 21 m hoch über dem Hof, Seil ca. 43 m Länge
123.835 €
Kolloquium mit 12 12 Teilnehmern
Altbau (ehem. Reichsbank)
Hof 3
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstler : TRAK Wendisch
TRAK (Trakia René) Wendisch, geboren 1958 in Berlin, ist ein deutscher Maler, Bildhauer und Grafiker. Er studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, war 1985 Meisterschüler an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden und ist seit 1982 freischaffend in Berlin tätig. 1985-1995 war er am Kunst- und Atelierprojekt „Burg Goldbeck“ bei Wittstock/Dosse beteiligt. 1992-2010 führten ihn Arbeitsaufenthalte und Ausstellungen nach Brasilien, Costa Rica, Mexico und Venezuela. Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum realisierte er u.a. in Berlin-Pankow (Viertelmondträgerin, 2000), für das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Quedlinburg („Pollen“ und „Feld“, 2006) sowie für das Auswärtiges Amt in Berlin (Seiltänzer, 2001).
Altbau (ehem. Reichsbank) Berlin
Architektur: Heinrich Wolff
Bauzeit: 1935-1939
Auswärtiges Amt
Werderscher Markt 1
10117 Berlin
Der als Erweiterung der Reichsbank 1935-39 von Heinrich Wolff errichtete Bau wurde nach 1945 vom Berliner Stadtkontor genutzt und war ab 1949 Sitz des DDR-Finanzministeriums und ab 1959 auch des Zentralkomitees der SED. 1996-99 wurde er für das Auswärtige Amt durch Kollhoff Architekten denkmalgerecht hergerichtet und umgebaut.