James Fraser Carpenter: o. T. (Glasfassade) 1999
Das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland erhielt nach dem Hauptstadtbeschluss 1991 im Zentrum Berlins am Werderschen Markt einen Gebäudekomplex bestehend aus dem Altbau der ehemaligen Reichsbank aus den 1930er-Jahren und einem Neubau des Architekturbüros Müller/Reimann. Nicht nur für den Altbau gelang mit der Zusammenarbeit des Architekten Hans Kollhoff und des Künstlers Gerhard Merz eine außergewöhnliche Integration von Architektur und Kunst, sondern auch für den Neubau. Die Architekten Thomas Müller und Ivan Reimann erreichten mit dem amerikanischen Künstler James Carpenter (*1949) eine beispielhafte Zusammenführung der beiden Disziplinen. Die Arbeit von Carpenter ist eine Synthese von kreativer Idee und technischer Expertise an der Schnittstelle von Kunst, Architektur und innovativer Technik. Carpenters langjährige Beschäftigung mit Lichtwirkung als Teil von Architektur qualifizierte ihn für den Kunst-am-Bau-Auftrag für das Auswärtige Amt. Die künstlerische Entwurfsfindung erfolgte in einem baubegleitenden Prozess, sodass die Kunst in Abstimmung mit den Architekten und dem Tragwerksplaner zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Architektur wurde. Der Neubau öffnet sich zum Werderschen Markt mit einem Lichthof, der als Foyer genutzt wird. Es beherbergt ein Café und wird als Ort für Ausstellungen, Besucherempfang, Öffentlichkeitsarbeit und Informationsaustausch genutzt. Das Foyer bildet den Übergang von der Stadt ins Ministerium und wird zur Straße hin von einer Glasfassade abgeschlossen, die Carpenter als visuelle durchlässige Membrane konzipiert hat. Dazu verwendete er dichroitisches Glas, das auch unter dem Namen Farbeffektglas bekannt ist. Es verändert durch Beleuchtung, Sonne, Wolken oder den Betrachtungswinkel seine Farbe. Die beschichteten, farbig das Licht reflektierenden dichroitischen Gläser und die an den Dachträgern befestigten metallenen Reflektoren werfen das von Süden kommende Licht auf die im Schatten liegenden Fassaden des Hofes. Die Farbigkeit und Intensität der Lichtreflexe verändern sich je nach Lichteinfall, Tages- und Jahreszeit. Bei Nacht leuchtet die farbig reflektierende Glasfassade in die Stadt hinein. Weltoffenheit und Transparenz sind wichtige Anliegen des Ministeriums, die in der Architektur und der Kunst symbolisch umgesetzt wurden.
Weiterführende Literatur Online:
Anne Schmedding / Constanze von Marlin (Autoren), BMVBS (Hrsg.): Kurzdokumentation von 200 Kunst-am-Bau-Werken im Auftrag des Bundes seit 1950. BMVBS-Online-Publikation 25/2012.
Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Die Projekte des Bundes in Berlin, hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW), Berlin 2002, S. 110-113.
Glasarbeit
dichroitisches Glas und metallene Reflektoren
Direktvergabe
Neubau Werderscher Markt
Glasfassade Lichthof im Erweiterungsbau
öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstler : James Fraser Carpenter
James Carpenter (*1949) ist ein US-amerikanischer Lichtkünstler und Designer. Er absolvierte ein Studium der Bilhauerei an der Rhode Island School of Design. Mit seinem Büro James Carpenter Design Associates arbeitet er an der Entwicklung innovativer Licht-, Glas- und Materialtechniken, die er in enger Zusammenarbeit mit Architekten in baubezogene Gestaltungen einbringt. James Carpenter ist mit zahlreichen Großprojekten weltweit tätig. Er lehrte in den USA, in Großbritannien und Deutschland, wo er von 1999 bis 2002 eine Gastprofessur an der Universität Stuttgart am Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren (ILEK) inne hatte. 2004 war Carpenter Fellow der MacArthur Fellowship, er wurde unter anderem mit dem Institute Honor Award des American Institute of Architects (1991) und dem Daylight and Building Component Award von Villum and Velux Foundation's (2009) ausgezeichnet.
Neubau Werderscher Markt Berlin
Architektur: Müller Reimann Architekten
Bauzeit: 1997-1999
Auswärtiges Amt
Werderscher Markt 1
10117 Berlin