Thomas Wrede: Real Landscapes 2011

  • Thomas Wrede: Real Landscapes, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Bernd Hiepe (2011)

    Thomas Wrede: Real Landscapes, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Bernd Hiepe (2011)

  • Thomas Wrede: Real Landscapes, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Bernd Hiepe (2011)

    Thomas Wrede: Real Landscapes, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Bernd Hiepe (2011)

  • Thomas Wrede: Real Landscapes, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Bernd Hiepe (2011)

    Thomas Wrede: Real Landscapes, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Bernd Hiepe (2011)

Zwei großformatige Fotos im fünften Obergeschoß des Erweiterungsbaus zeigen scheinbar massive Felsen- und Berglandschaften. Der Eindruck trügt. Die Bilder gehören in Thomas Wredes Werkkomplex der „Real Landscapes“. Darin monumentalisiert der Künstler seit Jahren Nahansichten von Lehmböden, Sandbergen, Erdaufwürfen, Schneeresten, Pfützen und anderen Erscheinungen der „realen“ Welt zu weiten Landschaftsperspektiven. Er bedient sich dabei handelsüblicher Versatzstücke aus dem Modellbau – Häuser, Figuren, Dinge –, deren Maßstab den frappanten Illusionismus ermöglicht.
In der zerklüfteten Landschaft erkennt man aus der Nähe schäbige Bretterverschläge, Öltanks, Fässer, Autoreifen und viel totes Gehölz. Die Landschaft wirkt öde, als sei etwas Katastrophales geschehen – schnell aber wird der Spielzeugcharakter der Szene erkennbar. Der Eindruck großer Fruchtbarkeit der Landschaft des anderen Fotos relativiert sich in der Erkenntnis, dass auch die Frische und samtige Regelmäßigkeit des Grüns sich nicht der Natur, sondern einer zwei Millimeter starken Rasenmatte für Modelleisenbahnen verdankt. Der Künstler hat sie an einer Stelle des Lausitzer Braunkohlereviers ausgebreitet, die stillgelegt ist und ihrer Renaturierung entgegensieht.
Die hyperinszenierten Landschaften wandeln am Abgrund von „Idylle und Katastrophe“. Im Grenzbereich von realer und fingierter Welt, von Urbild, Abbild und Bild fragen sie – mit Bezug aufs Ministerium – „nach dem Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen sowie nach der nachhaltigen Gestaltung von Landschaft und Umwelt“ (Thomas Wrede). Die ausgeklügelten Bildstrategien kokettieren mit der kunstgeschichtlichen Tradition erhabener Landschaften. Die Fotos halten sich aber die Tür offen, beides zu sein: sowohl erhaben und bedeutend als auch idyllisch und komisch. Immer präsent sind in ihnen Zweifel an der Verlässlichkeit der Wahrnehmung und der Schärfe der Beobachtungsgabe sowie auf künstlerischer Ebene eine unübersehbare Lust, Fiktion und Wirklichkeit zu konstruieren und sie gegeneinander auszuspielen. In ihrer altmeisterlichen Komposition und Detaillierung bieten sie dem Betrachter im fensterlosen Flur des Ministeriums auch Ausblicke, die an eine klassisch gewordene Metapher des italienischen Humanisten und Architekturtheoretikers Leon Battista Alberti (1404-1472) erinnern. Alberti verglich die Malerei und deren Wirklichkeitsanspruch mit einem „offenen Fenster“ („fenestra aperta“). Als Kunst am Bau harmonieren die Bilder der Sand- und Lehmlandschaften mit dem erdigen Putz des Atriums. Gleichzeitig setzt das Wiesengrün einen willkommenen frischen Akzent. MS


Fotoarbeit
Fotografien auf Aluminiumverbundplatte
140 x 220 cm bzw. 140 x 280 cm
15.000 €
nicht-offener Wettbewerb / Einladungswettbewerb mit 14 Teilnehmern

Neubau Französische Straße
Atrium 5. OG
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstler : Thomas Wrede

Thomas Wrede, geboren 1963 in Iserlohn-Letmathe, ist ein deutscher Fotograf. Er studierte von 1985 bis 1991 an der Kunstakademie Münster, von 1998 bis 2005 lehrte er an dieser Akademie auch selbst. 1997 erhielt Wrede den Karl-Hofer-Preis der Universität der Künste Berlin, seine Arbeiten fanden Eingang in Kunstsammlungen in Europa und den USA. Seit 2015 hat er eine Professor für Fotografie an der Hochschule der bildenden Künste in Essen inne.

 

Neubau Französische Straße

Architektur: Anderhalten Architekten
Bauzeit: 2006-2010

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Wilhelmstraße 54
10117 Berlin

2003 Wettbewerb zwischen 20 im Rahmen eines dem Verhandlungsverfahren vorgeschalteten Bewerberverfahrens ausgewählten Architekten. 2006-2010 Sanierung der ehem. Deutschen Hochschule für Musik "Hanns Eisler" und der ehem. General-Lotterie-Direktion sowie Errichtung eines Neubaus an der Französischen Straße für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft durch Anderhalten Architekten.