Andreas Schmid: Brandenburger Forst / Birkenwald in den Rocky Mountains 2001
Im repräsentativen Großen Saal des Altbaus hängen zwei Fotos mit Waldansichten des in Berlin lebenden Künstlers Andreas Schmid. Vergrößert und auf Stoff gedruckt wirken sie durchaus malerisch. Die Motive der Fotos, die im Brandenburger Forst und in den Rocky Mountains entstanden sind, weisen insofern einen recht engen Bezug zum Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf, in dessen Zuständigkeit auch die Forstwirtschaft fällt. Schmidt zwingt den Motiven – Wald und Bäume – aber weder ein bestimmtes Thema auf noch verklärt er sie romantisch.
Für das Erleben und Verstehen der Bilder ist weniger die dargestellte Natur in ihren biologischen und natürlichen Zusammenhängen ausschlaggebend. Von größerer Bedeutung sind deren ästhetische „Erscheinung“ und künstlerische Darstellung. Anschaulich zeigt sich dies in den elegant gestreckten Bildformaten und in der ungewöhnlichen Dreiteiligkeit des einen Fotos. Auch die Wahl der Ausschnitte lässt den vorherrschend formalen Ansatz des Bildkonzepts erkennen. Auf dem einteiligen Bild sind weder Boden noch Himmel zu sehen. In den Vordergrund tritt dagegen das Konstruktive. Die Bäume, im Wesentlichen also die Stämme, werden zu einer abstrakten Textur, die einen Raum gliedern. In diesem wiederum spielt die gestürzte Birke vor allem als Kompositionselement eine Rolle, das in die Tiefe führt.
Die Bilder lösen gängige Seitenverhältnisse von Gemälden und Fotos friesartig auf. Damit entfernen sie sich weit vom natürlichen menschlichen Sehen. Um so mehr tut dies das dreiteilige Bild. Aus dem zugrundeliegenden über fünf Meter langen und 125 Zentimetern hohen Bildträger hat der Künstler zwei Streifen herausgelöst. Das bringt den Betrachter dazu, die Leerstellen im Geiste zu ergänzen. Darüber hinaus rhythmisiert die segmentierende Darstellung das Gesehene – wiederum nach ästhetischen Gesichtspunkten. Das Waldstück vermittelt sich so als kraftvolle Verschränkung von vertikalen und horizontalen Bewegungsmotiven und Abschnitten, die in ihren unterschiedlichen Strukturen und Tonwerten räumlich beziehungsweise flächig geprägt sind. Die Öffnung des Bildträgers erzeugt innerbildliche Spannungen. Ebenso unmittelbar überträgt sie sich auf die Wand und bezieht den Raum in die Wirkung ein. Obwohl sie zweidimensionale Tafelbilder sind, haben die beiden Werke von Andreas Schmid eine ausgeprägte Kunst-am-Bau-Affinität und erlangen in Hängung und Erscheinung den Charakter einer raumgreifenden Installation. MS
Weiterführende Literatur:
Martin Seidel (Autor), Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.): Kunst am Bau im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Berlin o. J. (2016).
Kunst am Bau. Die Projekte des Bundes in Berlin, hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW), Berlin 2002.
Fotoarbeit
Fotografien auf Leinen
Forst: je 25 x 522 x 4 cm; Birkenwald: 125 x 522 x 4 cm
40.903 €
nicht-offener Wettbewerb / Einladungswettbewerb mit 6 Teilnehmern
Altbau (ehem. Geheimes Zivilkabinett)
Großer Sitzungssaal
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstler : Andreas Schmid
Andreas Schmid, geboren 1955 in Stuttgart, ist Künstler und Kurator. 1974-81 Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, 1983-84 Studium der chinesischen Sprache am Spracheninstitut in Peking/China, 1984-85 Studium der chinesischen Kalligraphie, der Kalligraphie- und Kunstgeschichte sowie des Siegelschneidens an der Kunstakademie Zhejiang in Hangzhou/China. Schmid realisierte zahlreiche Kunst-am-Bau-Projekte und Kunst im öffentlichen Raum, so zum Beispiel „Relation“ (2015) am Kleinen Schlossplatz in Stuttgart, „Echo“ (2005), eine permanente Rauminstallation in der TU Cottbus, „Brandenburger Forst“ und „Birkenwald in den Rocky Mountains“ (2000) für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Berlin.
Altbau (ehem. Geheimes Zivilkabinett)
Architektur: Carl Vohl
Bauzeit: 1900
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Wilhelmstraße 54
10117 Berlin
1900 vom kgl. Bauinspektor Carl Vohl als Geheimes Civilcabinet errichtet, 1920 Sitz des Preußischen Ministerpräsidenten, ab 1933 von NSDAP genutzt. Im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört, 1954 DDR-Studentenwohnheim, ab 1970 Staatsverlag der DDR. 1997-2000 Herrichtung und Modernisierung des Gebäudes für das Landwirtschaftsministerium durch die Berliner Architektin Elisabeth Rüthnick.