Per Kirkeby: o. T. 2000

  • Per Kirkeby: o. T. , 2000 / © Per Kirkeby; Fotonachweis: Deutscher Bundestag / Stephan Erfurt (2001)

    Per Kirkeby: o. T. , 2000 / © Per Kirkeby; Fotonachweis: Deutscher Bundestag / Stephan Erfurt (2001)

1991 beschloss der Deutsche Bundestag den Umzug der Regierung nach Berlin. Das Jakob-Kaiser-Haus wurde in unmittelbarer Nähe des Reichstagsgebäudes, dem neuen Sitz des Deutschen Bundestages, errichtet. Neben Abgeordnetenbüros sind hier die Fraktionsbereiche, Vizepräsidentenräume, Parlamentsdienste, Fernsehstudios sowie Sitzungssäle für die Ausschussarbeit und die Gastronomie untergebracht. Diese vielfältige Nutzung spiegelt sich in der architektonischen Struktur des Jakob-Kaiser-Hauses wider. Es besteht aus acht einzelnen Häusern, die sich zu jeweils vier Häusern zu beiden Seiten der Dorotheenstraße gruppieren und von vier Architektenteams gestaltet wurden. Busmann + Haberer entwarfen die Häuser 3 und 7, wobei in Letzterem ein Altbau, bestehend aus Vorderhaus, Seitenflügel und Quergebäude, integriert wurde.
Die spezifische Bauaufgabe für die sogenannten Dorotheenblöcke erforderte ein differenziertes Kunst-am-Bau-Konzept, das von den Kunstsachverständigen Evelyn Weiss, stellvertretende Direktorin des Museums Ludwig in Köln, und Manfred Schneckenburger, Rektor der Kunstakademie in Münster, unter Beachtung der jeweiligen Architektursprache entwickelt wurde. Für diese sensible Auseinandersetzung mit der baulichen Situation ist die Arbeit des international renommierten dänischen Künstlers Per Kirkeby (*1938) ein herausragendes Beispiel. Im Innenhof von Haus 7 steht die monumentale, monolithische Mauerwerksplastik, ein verschachteltes Ziegelmauerwerk ohne Dach mit leeren Fenster-und Türöffnungen. Das viergeschossige Objekt orientiert sich in Höhe und Mauerung am historischen Bau des 1853 bis 1857 von Friedrich Adler als Stadtpalais errichteten „Haus Sommer“, das zum Hof hin eine Fassade aus glasierten Klinkern besitzt. Gleichzeitig bewahrt sich das Kunstwerk seine Autonomie durch seine offene Form und die Begehbarkeit, die die Differenz zwischen innen und außen für den Betrachter aufhebt. Darüber hinaus verweist die Nichtfunktionalität des architektonischen Elementes auf die „Zweckfreiheit“ der Kunst allgemein. Anders als andere Backsteinplastiken Kirkebys, die stark objekthaften Charakter haben – wie die ebenfalls in Berlin 2002 am Neubau des Oberstufenzentrums Gesundheit II als Kunst-am-Bau-Maßnahme realisierte Arbeit – weckt das Werk für das Jakob-Kaiser-Haus jedoch außerdem Assoziationen mit Gebäuderuinen, die noch lange nach dem Krieg das Bild der geteilten Stadt Berlin – insbesondere im Ostteil – prägten. SvM

Weiterführende Literatur Online:
Anne Schmedding / Constanze von Marlin (Autoren), BMVBS (Hrsg.): Kurzdokumentation von 200 Kunst-am-Bau-Werken im Auftrag des Bundes seit 1950. BMVBS-Online-Publikation 25/2012.

Weiterführende Literatur:
Kunst im Deutschen Bundestag - Jakob-Kaiser-Haus und Wilhelmstraße 65 / Im Auftrag des Deutschen Bundestages hrsg. von Andreas Kaernbach, Manfred Schneckenburger, Evelyn Weiss, München 2015.
A.-Kat. Per Kirkeby: Die Welt ist Material, Tate Modern, London, Museum Kunst-Palast, Düsseldorf, Ostfildern 2009.
A.-Kat. Per Kirkeby. Backsteinskulptur und Architektur, Werkverzeichnis, Kunsthaus Bregenz, Köln 1998.


Raumarbeit
Stahlskelett, Mauerwerksausfachung mit handgestrichenen Ziegeln im dänischen Format
1300x1100x421 cm
487.772 €
Kolloquium mit 24 Teilnehmern

Jakob-Kaiser-Haus
Innenhof Haus 7
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstler : Per Kirkeby

Per Kirkeby, geboren 1938 in Kopenhagen, war Künstler und promovierter Geologe. Er lebte in Frankfurt am Main, in Arnasco (Italien) und in Kopenhagen, auf Læsø, wo er 2008 verstarb. Als Künstler Autodidakt, wurde er 1978 Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe lehrte er von 1989-2000 an der Städelschule in Frankfurt am Main. Neben Ölgemälden, Bronze-Plastiken und Filmen schuf er zahlreiche bedeutende Werke für den öffentlichen Raum, darunter seine bekannten Backsteinskulpturen. Im Weiteren entwarf er mehrere Gebäude für die Stiftung Insel Hombroich. Kirkeby erhielt zahlreiche Auszeichnungen und war an großen internationalen Ausstellungen beteiligt, so zum Beispiel an der Biennale in Venedig und an der documenta in Kassel. Kunst am Bau realisierte er u.a. für den Bundesrat in Berlin sowie für die Deutsche Nationalbibliothek in Frankfurt.

Jakob-Kaiser-Haus

Architektur: Planungsgesellschaft Dorotheenblöcke Berlin
Bauzeit: 1997-2002

Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin

Das nach dem langjährigen Bundestagsabgeordneten und Mitbegründer der CDU benannte Jakob-Kaiser-Haus entstand unter Einbeziehung mehrerer kleinerer Altbauten. Die fünf Architekturbüros (Schweger & Partner, Busmann + Haberer GmbH, von Gerkan, Marg & Partner, de Architekten Cie und van den Valentyn) umfassende Planungsgesellschaft Dorotheenblöcke Berlin wurde damit betraut. 2002 fertiggestellt, ist es seither Sitz der Fraktionen und der Bundestagsverwaltung sowie des Bundestagspräsidiums.

Weitere Kunstwerke: Deutscher Bundestag, Berlin

Weitere Kunstwerke: Kirkeby, Per