Fritz Koenig: Große Flora 1978

  • Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

    Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

  • Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

    Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

  • Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

    Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

  • Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Oliver Betz (1979)

    Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Oliver Betz (1979)

  • Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

    Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

  • Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

    Fritz Koenig: Große Flora, 1978 / © Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Silke Neubert (1979)

1951 wurde das 1950 in London eröffnete Generalkonsulat in eine diplomatische Vertretung und 1955 in eine Botschaft umgewandelt. Für die Liegenschaft Belgrave Square 21-23 hatte dies tiefgreifende Um- und Anbaumaßnahmen zur Folge, die mit der zwischen 1972 und 1978 erfolgten Kanzleierweiterung durch die Architekten Walther Betz und Bea Betz ihren vorläufigen Abschluss fand.
Anlässlich der Botschaftserweiterung schrieb die Bundesbaudirektion 1977 für die Kunst einen Ideenwettbewerb aus. Das Teilnehmerfeld war mit Erich Hauser, Fritz Koenig, Heinz Mack, Bernhard Heiliger, Adolf Luther und George Rickey außerordentlich stark besetzt. Den Auftrag erhielt Fritz Koenig (*1924), dessen Kunst auf diplomatischem Parkett auch in Brasilia, London, Madrid, Washington und Dakar begegnet und der 1958 an der »Biennale« in Venedig sowie 1959 und 1964 an der »documenta« in Kassel teilgenommen hatte.
Die Aufgabenstellung für London lautete: "... eine künstlerische Aussage zu formulieren, die dem Sinn des Gebäudes gerecht wird, den neuen Zugang bezeichnet und damit möglichst vielen Besuchern augenfällig wird. (…) Für den Standort vor dem Gebäude ist an eine freistehende Plastik o.ä. gedacht." Aus den Erläuterungen geht hervor, dass die Bundesbaudirektion eine integrale Lösung anstrebte, die einefreistehende Plastik im Außenbereich mit künstlerisch zu gestaltenden Wandflächen vor und in der Eingangshalle verbinden sollte. Mehrere Wettbewerber zweifelten, dass dies eine gute Lösung sei. So auch Fritz Koenig, der bemerkte, dass die von der Bundesbaudirektion vorgesehenen Standorte "völlig verschiedene Welten" darstellten und künstlerisch kaum zur Korrespondenz zu bringen seien.
Stattdessen schlug er vor, vor dem Gebäude eine »Große Flora« aufzustellen. "Flora-Plastiken" beschäftigten Koenig seit etwa 1970 und noch bis in die 1980er Jahre hinein. Für London schuf er eine fast sechs Meter hohe Bronzeplastik auf einer vier Quadratmeter großen Bronzesockelplatte. Sie zeigt in Gestalt auseinanderklaffender Halbkugeln das Bild einer zweiblättrigen Blüte. Den Stiel des floralen Gebildes interpretiert Koenig als anschwellenden Säulenschaft. Dabei liegen dessen zwei ungleiche Abschnitte exzentrisch und asymmetrisch versetzt um die Vertikalachse und korrespondieren subtil mit den dahinter liegenden Mauer- und Fensterstreifen und der seitlich gelegenen Treppe. Die Basis der Plastik bildet ein zylindrisch rundes Postament.
Die »Große Flora« ist ein in mehrerer Hinsicht postmodern anmutendes Spiel zwischen Abstraktion und Figuration. Das Pflanzen- oder Knospenhafte ist ebenso gegeben wie die abstrakte Tendenz zu klaren, wenn nicht "reinen" geometrischen Formen. So thematisiert die Plastik nicht nur das im Titel anklingende Florale, sondern es thematisiert als rein künstlerisches Phänomen auch deren Tektonik. Die »Große Flora« wird so auch zu einem selbstreflexiven Spiel mit essentiellen bildhauerischen Fragen nach Volumen, Raum, Ponderation, Material und Oberfläche.
Die zwar gerichtete, "jedoch gleichwertig allansichtige" (Koenig) »Große Flora« ist solitär vor das Gebäude in den öffentlichen Raum von Londons Diplomatenviertel gesetzt. Am Knickpunkt des Chesham Place neben dem Durchgang zum Belgrave Mews West akzentuiert die Plastik die bauliche Situation, schon indem sie über die Brüstungszone des ersten Obergeschosses hinausragt. In ihrer Geschmeidigkeit, den gegenständlichen Anklängen und im Material widersetzt sie sich subtil dem von klaren Formen, vertikalen Stützen und dem horizontalen Fensterverlauf geprägten Stahlbetonskelettbau. Ihre Rundungen treten mit den eckigen Stützpfeilern der Architektur in einen Dialog. Dabei steht die geschliffene Bronze gegen die in "Belgravia‐Weiß" gehaltenen Fassadenflächen, gegen die anthrazitfarbenen Aluminiumfenster und ‐türen und gegen den grau‐ bis ockerfarben Bürgersteigbelag. MS

Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel (Autor), BMVBS (Hrsg.): Kunst am Bau bei Deutschen Botschaften und anderen Auslandsbauten. BMVBS-Online-Publikation 11/2011.


Freiplastik / Skulptur
Bronze
560 cm hohe Bronzeplastik, auf 200 x 200 cm großer Bronzesockelplatte

Deutsche Botschaft London - Kanzlei und Residenz
links vom Durchgang zu Belgraves Mews W
öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstler : Fritz Koenig

Fritz Koenig, geboren 1924 in Würzburg, war einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Mit sehr eigenständigem, abstraktem Formenrepertoire profilierte er sich Ende der fünfziger und sechziger Jahre als einer der wichtigsten Repräsentanten der westdeutschen Kunst. 1958 vertrat er Deutschland auf der XXIX. Biennale in Venedig, 1959 und 1964 nahm er an der documenta II und III in Kassel teil. Seine Ausbildung hatte er nach Kriegsdienst im zweiten Weltkrieg 1946-1952 an der Akademie der Bildenden Künste München bei Anton Hiller erhalten. 1964 wurde er Professor an der Architektur-Fakultät der Technischen Universität München, 1969 Mitglied der Akademie der Künste Berlin und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München. Er schuf zahlreiche öffentliche Skulpturen wie die Kugelkaryatide für das World Trade Center in New York (1971) und Mahnmale im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen (1983) sowie für die Opfer des Terroranschlages der Olympischen Spiele 1972 in München (1995). Vor allem erhielt Koenig seit 1951 Kunstaufträge für viele Behördenbauten in Bayern, später auch bedeutende Aufträge der Post und des Bundes. So realisierte er das Relief und den Brunnen für das Deutsche Patentamt München (1956) sowie Bronzeskulpturen für die Deutschen Botschaften in Washington, D.C./USA (1962), in Madrid/Spanien (1965/66), in Brasilia (1970) in Dakar/Senegal (1971) und  in London (1965).

Deutsche Botschaft London - Kanzlei und Residenz

Architektur: Walther Betz und Bea Betz, München
Bauzeit: 1972-1978

Botschaft der Bundesrepublik Deutschland
23 Belgrave Square
SW1X 8PZ London

Das 1950 in London eröffnete Generalkonsulat wurde 1951 in eine diplomatische Vertretung und 1955 in eine Botschaft umgewandelt. Hierfür wurden 1954-57 drei unter Denkmalschutz stehende Wohnhäuser aus dem Jahr 1825 hergerichtet und erweitert. Nach einem Architekten‐Wettbewerb zur Erlangung von Bauentwurfsvorschlägen 1971 erfolgte 1972‐1978 eine Kanzleierweiterung durch die Architekten Walther Betz und Bea Betz. 1989-1991 wurde die Botschaft saniert, 2015 die Residenz.

Weitere Kunstwerke: Koenig, Fritz