Heinrich Jungebloedt: Mosaik des Staatswappens der DDR 1964

  • Heinrich Jungebloedt: Mosaik des Staatswappens der DDR, 1964 / Fotonachweis: BBR / Martin Seidel (2017)

    Heinrich Jungebloedt: Mosaik des Staatswappens der DDR, 1964 / Fotonachweis: BBR / Martin Seidel (2017)

  • Heinrich Jungebloedt: Mosaik des Staatswappens der DDR, 1964 / Fotonachweis: BBR / Martin Seidel (2017)

    Heinrich Jungebloedt: Mosaik des Staatswappens der DDR, 1964 / Fotonachweis: BBR / Martin Seidel (2017)

  • Heinrich Jungebloedt: Mosaik des Staatswappens der DDR, 1964 / Fotonachweis: BBR / Martin Seidel (2017)

    Heinrich Jungebloedt: Mosaik des Staatswappens der DDR, 1964 / Fotonachweis: BBR / Martin Seidel (2017)

Das für den 1960 geschaffenen Staatsrat errichtete und auch für Ehrungen und diplomatische Empfänge genutzte Staatsratsgebäude der DDR war das erste neu erbaute Regierungsgebäude Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg. Als dreigeschossiger Stahlskelettbau mit Flachdach verkörpert es die sogenannte DDR-Moderne. Markant ist das rekonstruierte und in die Fassade integrierte historische „Karl-Liebknecht-Portal“ des an diesem Standort 1950 gesprengten Berliner Stadtschlosses. Nach verschiedenen Zwischennutzungen und entsprechenden Sanierungs- und Umbaumaßnahmen hat hier seit 2004 die European School of Management and Technology ihren Sitz.
Der Festsaal im zweiten Obergeschoss war seinerzeit der größte Raum im Staatsratsgebäude der DDR. Auch er verfügt über markante Ausstattungsmerkmale wie die Akustikdecke und die konkav-konvex gegeneinander versetzten Wandpaneele. Auf der östlichen Seite des Raumes befindet sich ein wandfüllendes Keramikmosaik mit dem Staatsemblem der DDR. Der Entwurf für diese Kunst stammt von Heinrich Jungebloedt, einem Mosaizisten, der nach 1945 zahlreiche baugebundene Werke für die DDR schuf.
Jungebloedts Wappen ist eine bis in die Details des Ährenkranzes exakte Wiedergabe des offiziellen Staatswappens der DDR. In dieser Form, die mit Hammer, Ähre und Zirkel die Klasse der Arbeiter, Bauern und die Schicht der Akademiker symbolisiert, war es von 1955 bis 1990 gültig. Es ist aber nur Teil des großen Zusammenhanges des Wandmosaiks. Dieses zeigt einen engmaschigen Rapport aus Trapezen, der mit dem aus Quadraten, Kreisen, Rauten und Trapezen gebildeten Op-Art-Muster der Akustikdecke korrespondiert. Das unbunte, grau in grau gehaltene Mosaik ist demgegenüber aber äußerst dezent und zart strukturiert. Die rahmenden Elemente sind mit etwas dunkleren und kleineren, die füllenden Elemente mit etwas größeren und helleren Steinen besetzt. Charmante künstlerische Akzente setzen goldfarbene Trapeze in den Schnittpunkten. Wie oft im Staatsratsgebäude sind auch hier die Grenzen zwischen freier und angewandter Kunst offen.
Auch am Eingang des Staatsratsgebäudes, am sogenannten Karl-Liebknecht-Portal, war einst ein von Fritz Kühn entworfenes DDR-Emblem angebracht. Das Wappen im ehemaligen Festsaal hat als integrales Moment der Wandgestaltung aber einen anderen Charakter. Es ist zwar das Staatswappen der DDR, aber es ist auch und vor allem das künstlerisch angeeignete Bild des Staatswappens der DDR – und dabei übrigens das einzige wirklich baugebundene Kunstwerk im Staatsratsgebäude. Als solches und als Dokument der Geschichte wurde das Emblem, das nach der Auflösung der DDR seine politische Funktion verloren hatte, auch im heute geteilten und als Hörsaal der European School of Management and Technology genutzten Raum erhalten – wenn auch mit der Möglichkeit, es bei Bedarf hinter einem Vorhang verschwinden zu lassen. MS

Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel / Claudia Büttner / Johannes Stahl (Autoren), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Kurzdokumentation von 300 Kunst-am-Bau-Werken des Bundes von 1950 bis 2013, BBSR-Online-Publikation Nr. 03/2018, Februar 2018.


Mosaik / Keramik
Keramikmosaik
Direktvergabe

European School of Management and Technology
Festsaal (Hörsaal) im 2. Obergeschoss
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstler : Heinrich Jungebloedt

Heinrich Jungebloedt (* 1894 in Witten; † 1976 in Schulzendorf) war Mosaizist. Nach dem Studium an der höheren Fachschule für Gestaltung in Essen war er in Berlin bei den „Vereinigten Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei Puhl & Wagner, Gottfried Heinersdorff“ als künstlerischer Leiter der Mosaikabteilung tätig. Er fertigte Mosaiken für eine Trauerhalle, ein Sakramentshaus oder das Sudhaus der Kindl-Brauerei in Berlin und war später an der Gestaltung des Deutschen Hauses auf der Weltfachausstellung in Paris 1937 und des KdF-Schiffes „Wilhelm Gustloff sowie des Tannenberg-Denkmals und der Neue Reichskanzlei beteiligt. – 1945 gründete Jungebloedt mit Elisabeth Jeske (1921–2002) eine Werkstatt im Brandenburgischen Schulzendorf. Neben Restaurierungsarbeiten realisierte Jungebloedt seitdem im Staatsauftrag der DDR zahlreiche Werke.

European School of Management and Technology

Architektur: Architektenkollektiv Roland Korn und Hans-Erich Bogatzky
Bauzeit: 1962-64

European School of Management and Technology
Schlossplatz 1
10178 Berlin

Das Staatsratsgebäude wurde 1962-64 als erstes Repräsentationsgebäude der DDR nach dem Mauerbau errichtet. Nach der Wende diente es seit 1996 als Sitz des Umzugsbeauftragten der Bundesregierung, von 1999 bis 2001 als provisorischer Sitz der Bundesregierung. 2004 übernahm die ESMT das Gebäude. Nach einer umfassenden Modernisierung durch das Büro HG Merz wurde die ESMT im Januar 2006 eröffnet.