Rebecca Horn: Sonnenschatten 2008
Rebecca Horn hatte beim Kunst-am-Bau-Wettbewerb des Deutschen Wetterdienstes für die Kantine den Entwurf für eine Lichtinstallation eingereicht. Wegen der Nutzung, der architektonisch vorgegebenen Wandverkleidung und der räumlichen Beengtheit des Standortes kamen Zweifel am ursprünglichen Plan auf. Auf Vorschlag der Künstlerin entschied man, eine Variante des Wettbewerbsbeitrags am Fenster gegenüber dem Eingang im Foyer zu platzieren. Rebecca Horn modifizierte daraufhin ihren Entwurf und schuf eine interaktive kinetische Skulptur aus sich windenden Kupferschlingen, an deren Enden sich kegelförmige Kelche befinden. Diese Kelche wenden sich einander zu und wieder von einander ab und reflektieren mit ihren motorisierten Spiegeln die Umgebung samt den vorbeigehenden Personen.
„Sonnenschatten“, so der Titel, ist eine Wandinstallation, die das Fenster wie ein Rankgewächs umspielt und als Lichtzeichnung in den Raum ausgreift. Sie vermittelt in ihren floralen und lumineszenten Komponenten zwischen Innen- und Außenraum und stellt zum Garten und zur Sonne eine Verbindung her.
Die mit dem Kaiserring der Stadt Goslar (1992) und dem Praemium Imperiale (2010) ausgezeichnete Künstlerin hat mit „Sonnenschatten“ eine Kunst geschaffen, die im Betrachter grundsätzliche ästhetische Bedürfnisse anspricht und vitale Assoziationen weckt. Die biegsam-geschmeidige Gestalt verkörpert Natur, Wachstum und Leben, wobei die eingefangenen und sich tänzerisch im Raum verteilenden Reflexe das menschliche Bedürfnis nach Licht und Bewegung unterstreichen.
Die Anmutung von Naturnähe und organischem Gedeihen sind sogar im Material gegeben. Der warme, erdige Farbton und die relative Weichheit des Kupfers und dessen Eigenschaft als Wärmeleiter verstärken die sinnlichen Momente, die im Übrigen auch insofern vorhanden sind, als Kupfer als alchemistisches Venussymbol für Schönheit, Weiblichkeit und Geschlechtlichkeit steht.
Die symbolisch hergestellten und anklingenden kosmischen Zusammenhänge machen die Bedeutung der Installation aus. Zudem entwickelt das Kupfer die spezielle Kunst-am-Bau-Qualität, mit dem offensiven roten Aluminiumblech der Wandverkleidung im Wetterdienst harmonieren zu können. MS
Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel (Autor), BMVBS (Hrsg.): Dokumentation von 50 Kunst-am-Bau-Werken, BMVBS-Online-Publikation 05/2013.
Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Projekte des Bundes 2006-2013, hrsg. v. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Berlin 2014.
kinetische Arbeit
Kupfertrichter, Spiegel, Motoren
300 x 480 x 80 cm
374.500 €
nicht-offener Wettbewerb / Einladungswettbewerb mit 9 Teilnehmern
Deutscher Wetterdienst
Foyer
öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstlerin : Rebecca Horn
Das Œuvre der 1944 in Michelstadt im Odenwald geborenen und 2024 in Bad König gestorbenen Künstlerin Rebecca Horn umfasst Installationen, kinetische Objekte, Filme, Performances, bildhauerische Werke, Zeichnungen, Lichtinstallationen. Nach einem Studium an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und an der Saint Martin’s School of Art London waren ihre Arbeiten in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in führenden internationalen Institutionen zu sehen, so zum Beispiel im Salomon R. Guggenheim Museum in New York 1994 und im Martin-Gropius-Bau Berlin 2006, zudem nahm sie mehrfach an der documenta in Kassel und an der Biennale di Venezia teil. Rebecca Horn erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u. a. den documenta-Preis 1986, den Kaiserring der Stadt Goslar 1992, den Piepenbrock Preis für Skulptur 2006, den Praemium Imperiale Tokio 2010 und das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublick Deutschland 2019. Seit 1989 hatte sie eine Professur an der Universität der Künste Berlin inne. Sie schuf zudem bedeutende Kunst-am-Bau-Werke, u. a. „Mondfluss“ (1997) für das World Conference Center Bonn, „Planetensystem“ (2000) für das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Berlin, „Die drei Grazien“ (2000) für den Bundesrat und „Sonnenschatten“ (2008) für den Deutschen Wetterdienst in Offenbach.
Deutscher Wetterdienst Offenbach
Architektur: BLFP Frielinghaus Architekten
Bauzeit: 2006-2008
Deutscher Wetterdienst
Frankfurter Straße 135
63067 Offenbach
Hessen
Auf der Grundlage eines baufachlichen Gutachtens für einen Um- und Erweiterungsbau der Zentrale des DWDs von 1994 wurde der Bebauungsplan entwickelt und ein Verfahren zur Auswahl der Architekten ausgelöst. Nach dem Abbruch der Altbauten 2004 erfolgte im März 2006 die Grundsteinlegung und im Herbst 2008 die Einweihung des Neubaus.