Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung) 2000

  • Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Sandra Wildemann (2008)

    Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Sandra Wildemann (2008)

  • Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

  • Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

  • Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

  • Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

  • Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

  • Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

    Michael Wirkner: o. T. (Wandgestaltung), 2000 / © Michael Wirkner; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2016)

Bei der Herrichtung des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums als Haus der Ministerien entfernte die DDR-Regierung zu Beginn der Fünfzigerjahre all die nationalsozialistischen Hoheitszeichen, Reliefs und Inschriften, die zur entstehungszeitlichen Ausstattung des Gebäudes gehörten. Das 1941 installierte Soldatenrelief von Arno Waldschmidt in der Pfeilervorhalle an der Ecke Leipziger Straße und Wilhelmstraße wurde 1953 programmatisch durch das Keramik-Wandbild von Max Lingner mit dem Titel „Die Bedeutung des Friedens für die kulturelle Entwicklung der Menschheit und die Notwendigkeit des kämpferischen Einsatzes für ihn“ ersetzt.
Auch nach der „Wende“ spielte die Kunst am Bau beim Bezug des Gebäudes durch das Finanzministerium eine wichtige Rolle. Der 1996 von Bundesbauminister Klaus Töpfer ins Leben gerufene „Kunstbeirat für die Baumaßnahmen der Bundesregierung in Berlin“ suchte die Standorte mit besonderer Rücksicht auf historische Zusammenhänge und Hintergründe aus. Das zeigt sich deutlich in der Steinhalle mit dem Treppenaufgang zum Festsaal, wo sich heute die abstrakten Bildtafeln des Malers Michael Wirkner (1954-2012) befinden.
Einst hatten hier ein Reichsadler mit ausgebreiteten Schwingen und dem Hakenkreuz in den Fängen sowie ein Hitlerzitat zu Wehrmacht und Luftwaffe ihren Platz. Der Ort nahm in der Choreographie der Bauteile eine zentrale Rolle ein. Denn der Architekt Ernst Sagebiel hatte die Eingangssituation an der Wilhelmstraße als (nicht durchweg konsequente) Enfilade inszeniert: Auf den repräsentativen Ehrenhof folgt das Vestibül, dann eine quergelagerte dreischiffige Steinhalle mit Säulen sowie eben dieser Treppenaufgang, der ins Piano nobile mit dem großen Festsaal des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums führt. Auf der Rückwand der auf dem Podest links und rechts abzweigenden Treppe befand sich der nach Ende des Krieges natürlich entfernte Reichsadler. Der Standort mit der Wand als vorläufigem Höhepunkt und Point de vue von Eingangsbereich und erstem Obergeschoss aber blieb auch noch nach den Umbaumaßnahmen fürs Finanzministerium erhalten.
Der 2012 verstorbene Maler Michael Wirkner, der erst nach Absagen von Bernhard Heisig und A. R. Penck als Nachrücker in den Kunst-am-Bau-Wettbewerb gelangt war, überzeugte die Jury mit einem Konzept aus neun gegenstandslosen Bildtafeln, die er als „Farbvorhänge“ bezeichnete. Vier sind als Hochrechtecke dem unteren Gesimsfeld, wo sich ehemals der Reichsadler befand, eingefügt. Fünf kleinere querrechteckige Gemälde befinden sich in den oberen Blendfenstern. Die hellen warmen Farben wirken in ihrem ungegenständlichen Fluss partiell kompositionslos und sich selbst überlassen. Über das einzelne Tableau hinweg erzeugen sie mit einer strengen Farbsymmetrie eines Rot-Blau-Akkords klassisches Pathos und Erhabenheit.
Es dürfte aber kaum mehr – wie noch in Zeiten des Kalten Krieges – darum gegangen sein, die abstrakte Kunst als freie Kunst der westlichen Demokratien noch einmal gegen die tatsächliche und angebliche Vereinnahmung der Kunst im sozialistischen Realismus auszuspielen. Es handelt sich auch nicht um wirklich „reine Malerei“. Denn das Konzept hat Michael Wirkner aus der Architektur und in Hinblick auf sie entwickelt – das zeigt sich im Maß und der Ausrichtung der Bildtafeln bis hin zu bewussten Farbanalogien. Die Malerei hier ist auch insofern nicht autonom, als der Verzicht auf narrative Inhalte wesentlich als bewusste Reaktion auf die Vergangenheit dieses Ortes zu verstehen ist. Wirkner und die Juroren, die seinen Entwurf zur Umsetzung empfohlen haben, wollten das an prominenter Stelle befindliche Wandstück nicht erneut mit semantisch lesbaren Bildinhalten und Bedeutungen aufladen. Unabhängig von solchen Fragen hat die neue Gestaltung, die den Raum in seiner Schwere und Enge öffnet, eine unbestritten hohe ästhetische Qualität. M.S.

Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel / Claudia Büttner / Johannes Stahl (Autoren), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Kurzdokumentation von 300 Kunst-am-Bau-Werken des Bundes von 1950 bis 2013, BBSR-Online-Publikation Nr. 03/2018, Februar 2018.

Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Die Projekte des Bundes in Berlin, hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW), Berlin 2002, S. 144-145.
Michael Wirkner 1954–2012. Erinnerungslandschaften = Landscapes of Memory, Publikation zur Ausstellung, hrsg. v. Kunstsammlung Neubrandenburg, Redaktion Elke Pretzel, Dresden 2014.
Das Detlev-Rohwedder-Haus – Spiegel der deutschen Geschichte, hrsg. v. Bundesministerium der Finanzen (BMF), Redaktion: Dörte Hansen und Dr. Maika Jachmann, Berlin 2015.


Wandarbeit
Öl auf Leinwand, Holz
127.823 €
nicht-offener Wettbewerb / Einladungswettbewerb mit 7 Teilnehmern

Detlev-Rohwedder-Haus
Treppenaufgang in der Steinhalle
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstler : Michael Wirkner

Michael Wirkner (* 1954 in Chemnitz; † 2012 in Sarow) studierte Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und lebte als Maler und Grafiker in Schwerin und Sarow. Er arbeitete seit Mitte der achtziger Jahre an den Werkserien „Kopflandschaften“ und „Seestücke“ und seit 2002 an der Werkserie „Hohes Land“. Seine abstrakten Arbeiten charakterisiert ein differenzierter Umgang mit Farben. Für den Mehrzwecksaal das Ozeaneum Stralsund realisierte er 2008 nach einem Wettbewerb „Seestück – 12 Bilder vom Meer“. Wirkner erhielt Stipendien der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, der Kultusministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, der Stadt Neubrandenburg sowie der Stiftung Kulturfonds Berlin.

Detlev-Rohwedder-Haus

Architektur: Ernst Sagebiel
Bauzeit: 1935-36

Bundesministerium der Finanzen
Wilhelmstraße 97
10117 Berlin

Das 1935-36 von Ernst Sagebiel als Reichsluftfahrtministerium errichtete Detlev-Rohwedder-Haus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Militäradministration und ab 1950 von der DDR als "Haus der Ministerien" genutzt. 1990 war darin die Treuhandanstalt untergebracht, heute ist es Dienstsitz des Bundesfinanzministeriums, wofür es 1996-1999 von HPP international denkmalgerecht hergerichtet wurde.