Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende? 2000

  • Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

    Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

  • Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

    Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

  • Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

    Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

  • Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

    Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

  • Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

    Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

  • Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

    Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2017)

  • Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BMF / Jörg Rüger (2011)

    Jochen Gerz: Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit - was zählt am Ende?, 2000 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BMF / Jörg Rüger (2011)

Der Hauptstadtplanung nach der Wiedervereinigung ging eine kontrovers geführte Debatte um die Nutzung „historisch kontaminierter Altbauten“ als Regierungsbauten voraus. Der Einzug des Finanzministeriums ins Gebäude des Reichsluftfahrtministeriums, das nach dem Krieg vor allem die DDR als Haus der Ministerien genutzt hatte, war ein Bekenntnis zur deutschen Geschichte. Die Kunst-am-Bau-Frage, die sich anlässlich der Herrichtung und Modernisierung des Gebäudes für die Belange des Finanzministeriums Ende der 1990er Jahre stellte, war von daher speziellen Bedingungen unterworfen. Der 1996 von Bundesbauminister Klaus Töpfer ins Leben gerufene „Kunstbeirat für die Baumaßnahmen der Bundesregierung in Berlin“ legte sich dahingehend fest: „Mittels Kunst am Bau soll ein Gegengewicht zur Monumentalität der Architektur des Gebäudes geschaffen und so die Ambivalenz des Ortes verdeutlicht werden.“
Als einen der Standorte für vier Kunstwerke wählte der Beirat den vierzig Meter breiten Ehrenhof an der Wilhelmstraße, der mit dem Eingangsbereich und der dahinter befindlichen Steinhalle mit dem Treppenaufgang zum Festsaal eine repräsentative Achse bildet. Beim Ehrenhof ließen die geschichtlichen Altlasten, die Lage an der Straße und auch der Denkmalschutz die Direktbeauftragung eines Künstlers angeraten erscheinen. Der Kunstbeirat empfahl für den in unterschiedlichen Medien arbeitenden Konzeptkünstler Jochen Gerz, der unter anderem mit partizipatorischen Mahnmalen gegen Faschismus und Rassismus in Hamburg und Saarbrücken auf sich aufmerksam gemacht hatte. Fürs Finanzministerium entwarf Gerz eine interaktive Videoarbeit. An den beiden Torpfosten des Ehrenhofes, an dem einst zwei Reichsadler über Hakenkreuz von Walter E. Lemcke ihren Platz hatten, installierte er je einen Bildschirm. Auf Knopfdruck der Passanten lassen sich dort in Wort und Bild für drei Minuten zufällig ausgewählte Interviews abrufen, die Gerz mit 50 exemplarisch ausgewählten Bediensteten des Finanzministeriums geführt hatte. Die stets gleich formulierte Frage von Gerz an die Bundesbediensteten lautet wie der Titel der Arbeit: „Das Geld, die Liebe, der Tod, die Freiheit – was zählt am Ende?“
Ursprünglich gehörte zur Installation ein im Winkel von 45 Grad schwenkender Laserstrahl, der die Interviewfrage in der Handschrift von Gerz acht Sekunden lang von der Nord- auf die West- und Südfassade der Gebäudeflügel und auf den Boden des Ehrenhofes projizierte. Das vom Künstler als Gemeinschaftsarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums realisierte Werk reagiert auf die Monumentalität der Architektur. Das von Ernst Sagebiel, einem ehemaligen Mitarbeiter von Erich Mendelsohn, entworfene Gebäude hatte als Skelettbau mit Stahl und Stahlbeton durchaus moderne Strukturen. In der Fassadenverkleidung und dem Dekor, vor allem in der auf Machtgebärden und Einschüchterung angelegten Kolossalität aber war es dem Geschmack und den Interessen der Auftraggeber des Dritten Reiches angepasst.
Die Architektur versinnbildlichte ein repressives und Individualität unterdrückendes System. Sie demonstrierte die Größe des NS-Staates und signalisierte, wie klein der Einzelne darin ist. Gerz‘ Werk nun gibt den heutigen Nutzern des Gebäudes Gelegenheit, aus der historisch diktierten Rolle des anonymen Nutzers herauszutreten und als Individuum in und mit dem öffentlichen Raum zu kommunizieren. Dabei erweist sich das zeitbasierte künstlerische Medium des Videos (mit Laserprojektion) im Verhältnis zum Ewigkeitsanspruch der Architektur bereits selbst als Botschaft. Nach technischen Schwierigkeiten wurde die wegen ihrer Flüchtigkeit nur schwer zu lesende Laserprojektion in Abstimmung mit dem Künstler dauerhaft eingestellt und auch die Videopräsentation an den Pfeilern etwas verändert. M.S.

Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel / Claudia Büttner / Johannes Stahl (Autoren), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Kurzdokumentation von 300 Kunst-am-Bau-Werken des Bundes von 1950 bis 2013, BBSR-Online-Publikation Nr. 03/2018, Februar 2018.

Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Die Projekte des Bundes in Berlin, hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW), Berlin 2002, S. 152-156.
Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) (Stand: August 2015): Das Detlev-Rohwedder-Haus – Spiegel der deutschen Geschichte. Redaktion: Dörte Hansen, Dr. Maika Jachmann. Berlin.


Installation
Videoinstallation
204.517 €
Direktvergabe

Detlev-Rohwedder-Haus
Zugang Ehrenhof Wilhelmstraße
öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstler : Jochen Gerz

Jochen Gerz (* 1940 in Berlin, lebt im Country Kerry, Irland) ist ein deutscher Konzeptkünstler. Gerz, der lange in Paris gelebt hat, ist weltweit mit seinen Arbeiten in Ausstellungen und Museumssammlungen vertreten. Als Künstler ist Gerz Autodidakt. Er arbeitet mit unterschiedlichen Medien und hat sich mit Texten, Neuen Medien, Installationen und Performances hervorgetan. Einen Schwerpunkt bilden seine auf Partizipation angelegten und gesellschaftlich engagierten Arbeiten im öffentlichen Raum. Zu diesen Projekten gehören Mahnmale gegen Rassismus und Faschismus in Saarbrücken (1993) und Hamburg-Harburg (1986), der „Platz der Grundrechte“ in Karlsruhe (2005) sowie der „Platz des europäischen Versprechens“ in Bochum (2004-2015). – Gerz war mehrfach Teilnehmer der Documenta sowie der 37. Biennale von Venedig (1976). Er wurde unter anderem mit dem Deutschen Kritikerpreis (1996), dem Ordre National du Mérite (1996) und dem Grand Prix National des Arts Visuels (1998) ausgezeichnet. Kunst am Bau im Auftrag des Bundes hat er für die Deutsche Nationalbibliothek in Frankfurt (1996) und das Bundesministerium der Finanzen in Berlin (1999/2000) realisiert.

 

Detlev-Rohwedder-Haus

Architektur: Ernst Sagebiel
Bauzeit: 1935-36

Bundesministerium der Finanzen
Wilhelmstraße 97
10117 Berlin

Das 1935-36 von Ernst Sagebiel als Reichsluftfahrtministerium errichtete Detlev-Rohwedder-Haus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Militäradministration und ab 1950 von der DDR als "Haus der Ministerien" genutzt. 1990 war darin die Treuhandanstalt untergebracht, heute ist es Dienstsitz des Bundesfinanzministeriums, wofür es 1996-1999 von HPP international denkmalgerecht hergerichtet wurde.

Weitere Kunstwerke: Gerz, Jochen