Ludwig Paul Robert Zepner: Porzellanwand 1975
Das heute einen Sitzungssaal im Detlev-Rohwedder-Haus zierende Porzellanwandbild stammt ursprünglich aus dem Gastronomiebereich des 1973-76 unter der Leitung von Architekt Heinz Graffunder errichteten Palasts der Republik am vormaligen Marx-Engels-Platz. Es zierte dort die westliche Stirnwand des Palastrestaurants; ein zweites, gleichartiges, allerdings spiegelverkehrt angeordnetes Porzellanbild war als Pendant an der östlichen Stirnwand angebracht, zudem gehörte eine weitere Porzellanwandgestaltung im Eingangsbereich zur Zentralküche zum Ensemble. 1990 wurde der Palast wegen Asbestbelastung geschlossen und 2006 schließlich abgebrochen, nachdem schon 1998 die noch im Palast befindliche baufeste Ausstattung geborgen und eingelagert worden war.
Der Palast der Republik war ein multifunktionales Volkshaus, das die Besucher mit seiner Architektur und seiner Ausstattung ansprechen sollte. Das spiegelte sich im abwechslungsreichen Raumprogramm wie auch im Ausstattungskonzept wider, das von einem Kollektiv um den Bildhauer, Grafiker und Zeichner Fritz Cremer (1906-1993) entwickelt worden war. So gab es die Glas-Stahl-Skulptur „Gläserne Blume“, die Gemälde der Galerie im Hauptfoyer und die in Gruppen gehängten kleineren Landschaftsbilder in den Konferenzräumen der Volkskammer; dazu kamen die Gobelins der Jahreszeiten im Spree- und im Lindenrestaurant, als plastische Arbeit Jo Jastrams großes Bronzerelief „Lob des Kommunismus“ in der Eingangshalle zur Volkskammer im Erdgeschoss und schließlich auch die in der Summe mehr als hundert Quadratmeter großen Porzellanwandbilder im Palastrestaurant sowie in der Espresso- und der Milchbar, die von einem Kollektiv des VEB Meißener Porzellanmanufaktur unter der Leitung des Porzellankünstlers und Designers Ludwig Zepner (1931-2010) geschaffen worden waren.
Das etwa 18 Quadratmeter große Porzellanwandbild aus dem Palastrestaurant besteht aus einer strukturierten braunen Grundfläche aus Böttcherkeramik, auf die in mehreren Ebenen Applikationen von handgeformtem weißem und goldglänzendem Blatt- und Blütendekor aus Porzellan angebracht sind. In der Ecke links unten verweist die Signatur "P. Strang, L. Zepner, R. Stolle, H. Werner, 1975" auf die Urheber. Die Farbigkeit des Porzellans war – wie auch die übrige Ausstattung der verschiedenen Gastronomiebereiche – farblich auf die Nutzung der Räume abgestimmt. So glich die bräunliche Bemalung der kleinen weißen Porzellanplatten in der Espressobar passenderweise aufsteigendem Dampf, während in der Milchbar eine frische hellblaue Farbgebung mit weiß gehöhtem Floraldekor zur Anwendung kam.
Das Porzellan war besonders in den Gastronomiebereichen des Palasts ein integrales Kunst-am-Bau-Element, das den Standorten auf eine vornehme und zugleich spielerische Weise Würde und Atmosphäre verlieh. Dabei mag der Rückgriff auf die image- und traditionsbehaftete Ausdrucksform der Porzellankunst im Volkspalast eines Arbeiter-und-Bauern-Staats verwundern. Er gründete aber auf einem Kompensationsgedanken und dem gezielten Engagement des Handelsministeriums der DDR gegen die „verkitschten Formen der spätbürgerlichen Kunst“. Dieses Engagement hatte 1960 zur Gründung des hier beauftragten „Kollektivs Künstlerische Entwicklung“ des VEB Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen geführt. Welchen Rang man den Porzellangestaltungen im Palast der Republik als Kunst beimaß, zeigt nicht zuletzt die im Eröffnungsjahr 1976 für interessierte Besucher geplante monatliche Veranstaltungsreihe „Kunst im Gespräch“ – darin war auch ein Abend mit den Porzellangestaltern vorgesehen. MS/UC
Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel / Claudia Büttner / Johannes Stahl (Autoren), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Kurzdokumentation von 300 Kunst-am-Bau-Werken des Bundes von 1950 bis 2013, BBSR-Online-Publikation Nr. 03/2018, Februar 2018.
Wandarbeit
Böttcherkeramik und Porzellan, verschiedene Techniken
ca. 18 qm
Detlev-Rohwedder-Haus
Sitzungssaal
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstler : Ludwig Paul Robert Zepner
Ludwig Zepner (* 10. Januar 1931 in Malkwitz bei Breslau; † 31. Dezember 2010 in Meißen) war ein deutscher Porzellankünstler, Designer und Erfinder. Zepner begann seine Ausbildung 1948 bis 1952 in der Porzellan-Manufaktur Meissen, besuchte dann bis 1954 die Fachschule Hermsdorf und schloss 1958 sein Studium der Formgestaltung an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ab, bevor er als Formgestalter in die Meissener Porzellan-Manufaktur zurückkehrte. 1960 gründete er mit dem Bildhauer Peter Strang, dem Maler Heinz Werner und dem Porzellanmaler Rudi Stolle das „Kollektiv Künstlerische Entwicklung“, dem später auch der Blumen- und Fruchtmaler Volkmar Bretschneider angehörte. Gemeinsam entwickelten sie mehrere Speiseservice sowie etliche Wandbilder aus Meißner Porzellan und anderer Keramik an und in öffentlichen Gebäuden, so u.a. im Palast der Republik der DDR. Über Fachkreise hinaus bekannt wurde Zepner mit der Entwicklung von stimmbaren Orgelpfeifen aus Porzellan, für die 2001 das Patent erteilt wurde.
Detlev-Rohwedder-Haus Berlin
Architektur: Ernst Sagebiel
Bauzeit: 1935-36
Bundesministerium der Finanzen
Wilhelmstraße 97
10117 Berlin
Das 1935-36 von Ernst Sagebiel als Reichsluftfahrtministerium errichtete Detlev-Rohwedder-Haus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Militäradministration und ab 1950 von der DDR als "Haus der Ministerien" genutzt. 1990 war darin die Treuhandanstalt untergebracht, heute ist es Dienstsitz des Bundesfinanzministeriums, wofür es 1996-1999 von HPP international denkmalgerecht hergerichtet wurde.