Ulrich Schröder: Die Verkündung der Reisefreiheit 2000

  • Ulrich Schröder: Die Verkündung der Reisefreiheit, 2000 / © Ulrich Schröder; Fotonachweis: BBR / Antonia Weiße (2001)

    Ulrich Schröder: Die Verkündung der Reisefreiheit, 2000 / © Ulrich Schröder; Fotonachweis: BBR / Antonia Weiße (2001)

  • Ulrich Schröder: Die Verkündung der Reisefreiheit, 2000 / © Ulrich Schröder; Fotonachweis: BBR / Constantin Meyer (2001)

    Ulrich Schröder: Die Verkündung der Reisefreiheit, 2000 / © Ulrich Schröder; Fotonachweis: BBR / Constantin Meyer (2001)

  • Ulrich Schröder: Die Verkündung der Reisefreiheit, 2000 / © Ulrich Schröder; Fotonachweis: BBR / Ulrich Klages (2001)

    Ulrich Schröder: Die Verkündung der Reisefreiheit, 2000 / © Ulrich Schröder; Fotonachweis: BBR / Ulrich Klages (2001)

  • Ulrich Schröder: Die Verkündung der Reisefreiheit, 2000 / © Ulrich Schröder; Fotonachweis: Ulrich Schröder (2000)

    Ulrich Schröder: Die Verkündung der Reisefreiheit, 2000 / © Ulrich Schröder; Fotonachweis: Ulrich Schröder (2000)

Im 1901 als Geschäftshaus errichteten „Haus Stern“ des heutigen Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz befand sich einst das Internationale Pressezentrum der DDR, in dem Günther Schabowski als Mitglied des Politbüros der SED am 9. November 1989 die Reisefreiheit für die Bürger der DDR verkündete und damit den Fall der Mauer einleitete. Der Raum selbst ist nicht erhalten. Die ehemalige Tordurchfahrt im „Haus Stern“ aber ist so gestaltet, dass sie sich als Schauraum zur Mohrenstraße hin öffnet. Für diesen Standort und zu diesem Thema „Historisches Ereignis des 9. Novembers 1989“ schrieb das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung anlässlich der Herrichtung der Gebäude für das Justizministerium – in „Anlehnung an das Kunstkonzept des Kunstbeirates für die Bauten der Bundesregierung in Berlin“ – 1999 einen Wettbewerb aus, der angesichts der Bedeutung des nun künstlerisch zu würdigenden Ereignisses offen ausgeschrieben war. Von 427 Bewerbern gelangten 15 in die zweite Stufe des Wettbewerbs, aus dem schließlich der Kasseler Künstler Ulrich Schröder als Gewinner hervorging.
Schröders Rauminstallation bezieht sich schon mit dem Titel „Die Verkündung der Reisefreiheit“ unmittelbar und direkt auf die umwälzenden Geschehnisse an jenem 9. November. Auch die Bildsprache ist eindeutig. 30 Holzschalenstühle sind fest auf einen schrägen Ortbetonsockel montiert und auf einen Plasmabildschirm mit einem Video im DVD-Format gerichtet. Das Video zeigt in Endlosschleife eine Sequenz von Meereswellen und Wolken, welche unmissverständlich Weite, Grenzenlosigkeit, Aufbruch und die Möglichkeit uneingeschränkten Reisens versinnbildlicht. Die Videobilder stehen mit ihrer Motivik, ihren Verheißungen und auch der natürlichen Horizontorientierung in einem signifikanten Verhältnis zur schiefen Bestuhlung, welche die ins Wanken geratene politische Ordnung des DDR-Systems symbolisiert.
Diese für die Selbstdarstellung der BRD wichtige künstlerische Arbeit ist weder von Innen noch von Außen zugänglich. Aber sie kann von der Mohrenstraße aus betrachtet werden. Die Installation ist stark konzeptuell und von großer Nüchternheit, Sachlichkeit und Zurückhaltung geprägt. Das rahmende Portal, die einstige Tordurchfahrt des historischen „Haus Stern“ mit seiner vertikal gegliederten Jugendstil Fassade, dagegen ist durchaus wuchtig. Dieser Kontrast ist es, welcher der Intervention Aufmerksamkeit verschafft und das historische Ereignis in ständiger öffentlicher Erinnerung hält. MS

Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel / Claudia Büttner / Johannes Stahl (Autoren), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Kurzdokumentation von 300 Kunst-am-Bau-Werken des Bundes von 1950 bis 2013, BBSR-Online-Publikation Nr. 03/2018, Februar 2018.

Weiterführende Literatur:
60 Jahre Kunst am Bau, hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Berlin 2010.
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.) (2002): Kunst am Bau. Die Projekte des Bundes in Berlin. Redaktion: Klaus Schindler. Tübingen, Berlin. S. 118 ff., 131


Installation
Installation mit Sockel aus Ortbeton, Bestuhlung und Video
Sockel: 380 x 350 x 2,8 bis 30 cm
91.010 €
offener Wettbewerb mit 15 Teilnehmern

Haus Stern
Tordurchfahrt im Haus Stern
öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstler : Ulrich Schröder

Ulrich Schröder (* 1954 in Melle; lebt in Kassel) ist Maler und Objektkünstler. Er studierte von 1977 bis 1983 in Kassel, Berlin und Frankfurt am Main Kunst. Werke von ihm sind in Einzel- und Gruppenausstellungen vor allem im Raum Kassel zu sehen. In einer Malwerkstatt der Baunataler Diakonie Kassel leitet Schröder Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen zu künstlerischer Arbeit in verschiedenen Techniken an.

Haus Stern Berlin

Haus Stern

Architektur: Alfred Wanckel und Otto Rieth
Bauzeit: 1900-1901

Bundesministerium der Justiz
Mohrenstraße 37
10117 Berlin

Das 1900/01 gebaute Haus Stern gehörte bis 1938 der jüdischen Familie Stern. Nutzer waren die Firma Graumann & Stern Damenmäntel und andere Konfektionsbetriebe. Ab 1939 vermietete das Deutsche Reich das Gebäude. Im 2. Weltkrieg stark beschädigt, wurde es 1948 wieder instandgesetzt und 1973–1977 für das Internationale Pressezentrum der DDR umgebaut. Von 1996-2001 wurde es von Eller+Eller Architekten für das BMJ hergerichtet und mit den anliegenden Häusern zu einer blockübergreifenden Einheit zusammengefasst.