Simon Ungers: Paravent 1994

  • Simon Ungers: Paravent, 1994 / © Simon Ungers; Fotonachweis: BBR / Eduard Hueber

    Simon Ungers: Paravent, 1994 / © Simon Ungers; Fotonachweis: BBR / Eduard Hueber

Zum Kunst-am-Bau-Konzept für die Residenz der Botschaft gehört ein Paravent, der das an die Empfangshalle links angrenzende L-förmige Speisezimmer bei Bedarf in unterschiedlich große Räume teilt. Um seine ganzheitlichen Vorstellungen von Baukultur verwirklichen zu können, hatte O.M. Ungers von vornherein für einzelne Standorte bestimmte Künstlerinnen und Künstler vorgeschlagen und gegenüber der Bundesbaudirektion den Verzicht auf einen Kunstwettbewerb durchgesetzt. Zudem wurde sein Architektenvertrag dahingehend ergänzt, dass O.M. Ungers nun die Koordination des Kunstkonzepts übertragen und eine gesonderte Vergütung dafür vereinbart wurde. Für die künstlerische Gestaltung des Speisesaals hatte O.M. Ungers gegenüber der Baudirektion zunächst einen Paravent oder „Wandgemälde“ von Gerhard Richter ins Spiel gebracht. Wenige Monate verfestigte sich bei ihm die Idee des Paravents. Eingeplant war dafür nun der Maler, Bildhauer und Fotokünstler Günther Förg, dem zuvor die schließlich von Gerhard Merz gestalteten Partien der Eingangshalle zugedacht gewesen waren. In dieser Zeit übertrug O.M. Ungers die Realisierung des Kunstkonzepts an seine als Galeristin tätige Tochter Sophia Ungers. Wohl im Laufe des Jahres 1993 wurde die Realisierung des Paravents schließlich Simon Ungers, dem Sohn des Architekten und Bruder der Kunstbeauftragten, anvertraut. Simon Ungers (1957-2006) war Architekt und Künstler, der – so Sophia Ungers – „seine Kunst als eine Symbiose zwischen Raum, Architektur und Skulptur versteht“ und als besonders qualifizierter „Grenzgänger zwischen Kunst und Architektur“ für diese Gestaltung des Speisesaals der Washingtoner Residenz herangezogen wurde. Sein Paravent besteht aus fünfzehn 260 cm hohen und 52,5 cm breiten Elementen aus rot lackiertem Holz, die mit markanten Edelstahlfurnieren miteinander verbunden sind. Obwohl gerade für ein mobiles Trennelement diesbezüglich kein Zwang bestanden hätte, folgen die Maße der fünfzehn Paneele exakt dem fast magischen quadratischen Fußbodenraster der Architektur und bilden in der vorgesehenen Aufstellung sieben U-förmig offene Quadrate. Dabei ist die Form kraftvoll und trägt Züge einer eigenständigen minimalistischen Skulptur. Abgerechnet wurde das 420 kg schwere Trennelement schließlich aber als integraler Bestandteil des Bauwerks unter den Baukosten. MS

Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel (Autor), BMVBS (Hrsg.): Kunst am Bau bei Deutschen Botschaften und anderen Auslandsbauten. BMVBS-Online-Publikation 11/2011, S. 226 ff.; URL: https://d-nb.info/1019716185/34 (PDF; abgerufen am 13.02.2023)

Weiterführende Literatur:
Sophia Ungers: Kunst, in: Deutsche Botschaft Washington. Neubau der Residenz – German Embassy Washington. The New Residence. O.M. Ungers, Stuttgart 1995, S. 41-55.
Botschaften. 50 Jahre Auslandsbauten der Bundesrepublik Deutschland, hg. v. Olaf Asendorf, Wolfgang Voigt und Wilfried Wang, Tübingen, Berlin 2000, S. 142-145.
Martin Seidel: Dialog mit der Welt – Kunst am Bau bei Auslandsbauten, in: Kat. Ausst. 70 Jahre Kunst am Bau in Deutschland, Berlin München 2020, S. 248-277, S. 260 f.


Installation
Edelstahlbänder, Gummirollen, Tischlerplatte, Hartfaser, lackiert
260 x 447 x 10 cm
20.452 €
Direktvergabe

Deutsche Botschaft Washington - Residenz
Speisezimmer
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstler : Simon Ungers

Simon Ungers (1957 Köln - 2016 Hürth) war Architekt und Künstler. Simon Ungers studierte an der Cornell University in Ithaca, New York. Bekannt wurde er mit Stahlplastiken und Lichtinstallationen sowie mit dem Bau eines Privathauses aus Cortenstahl und eines „Cube-House“ aus Betonstein. Simon Ungers, der in New York und Köln lebte, nahm zahlreiche Lehraufträge in den USA wahr, u.a. an der Syracuse University, der Harvard University, Cornell University sowie an der University of Maryland. 1994 erhielt er den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen. Seine Kunst und Architektur verbindenden Objekte befinden sich u.a. im Museum of Modern Art und dem San Francisco Museum of Modern Art sowie auch im öffentlichen Raum (Platzanlage vor der Bibliothek der Universität zu Halle, „Forum“ in Köln, Skulpturenpark Köln). 2020 wurde posthum nach Simon Ungers‘ Plänen ein Gedenkort an das Deportationslager Köln-Müngersdorf eingerichtet.

Deutsche Botschaft Washington - Residenz

Architektur: Ungers, Oswald Mathias
Bauzeit: 1992-94

Botschaft der Bundesrepublik Deutschland
4645 Reservoir Road NW
Washington DC 20007
Vereinigte Staaten von Amerika (USA)

Für den Neubau der Residenz wurde 1982 ein Architektenwettbewerb ausgelobt, den letztlich Oswald Mathias Ungers für sich entschied. Im Dezember 1991 wurde die Baugenehmigung erteilt, Mai 1992 war Baubeginn und im August 1994 war der Bau fertiggestellt. Die Übergabe erfolgte September 1994.