Gerhard Richter: Clouds (Sylt) / Wolken über Sylt 1992
Die 1992 fertig gestellte Bundeskunsthalle in Bonn realisierte als Kunst am Bau das (nur zu Teilen erhaltene) Leit- und Informationsleitsystem von Neville Brody. Für weitere Kunst-am-Bau-Standorte – Eingangshof, Dachlandschaft, Skulpturenhof – kontaktierte das eigens eingerichtete Beratergremium für die Kunst am Bau viele bekannte deutsche Künstler. Bald aber sah man sich genötigt, die Bemühungen um „tragfähige Beiträge für Kunst am Bau, die im Dialog mit dem Bauwerk erarbeitet und eingebracht werden“, für „gescheitert“ zu erklären. Man entschied sich, die zur Verfügung stehenden Kunst-am-Bau-Mittel für einen Direktauftrag und für Ankäufe für zwei Räume im ersten Obergeschoss zu verwenden. In der Presselounge der Bundeskunsthalle findet sich nun eine Installation von Rebecca Horn. Der gegenüberliegende Konferenzsaal ist Standort gleich zweier mit Kunst-am-Bau-Mitteln finanzierter Werke: einer dreiteiligen Fotoarbeit von Jürgen Klauke sowie des aus sechs Tafeln zusammengesetzten Gemäldes „Clouds (Sylt)“ / „Wolken über Sylt“ von Gerhard Richter.
Richter ist einer der bedeutendsten und der bestbezahlte deutsche Künstler unserer Zeit. Das Werk in der KAH gehört in die Reihe von Richters zwischen 1968 und 1979 entstandenen Wolkenbildern. Es ist mit Öl auf Leinwand gemalt und basiert – wie viele Bilder von Richter – auf einem Foto aus dem „Atlas“, einem vom Künstler in den Sechzigerjahren angelegten Archiv aus Fotos, Zeitungsausschnitten und Skizzen. Das Gemälde war bereits 1971 entstanden und wurde für die Bundeskunsthalle bei der Galerie Liliane & Michel Durand-Dessert in Paris erworben. Es ist eine Reflektion über Kunst im Allgemeinen und die Malerei im Besonderen und ein wichtiges Beispiel für Richters Schaffen. Dabei weist es keine formalen oder inhaltlich-thematischen Bezüge zur Architektur oder ihrer Nutzung auf. Richter selbst bestimmte die Aufhängung an der Längswand des langgestreckten und mit exquisitem Mobiliar ausgestatteten Konferenzraums, der auch für Veranstaltungen und Events angemietet werden kann. MS
Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel / Claudia Büttner / Johannes Stahl (Autoren), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Kurzdokumentation von 150 Kunst-am-Bau-Werken im Auftrag des Bundes seit 1950, BBSR-Online-Publikation 03/2019, März 2019.
Weiterführende Literatur:
N.N. (1993): Kunst und Bauen, Beispiele aus Bonn. In: Die Bauverwaltung, 4, S. 142.
Tafelbild / Gemälde
Öl auf Leinwand
100 x 700 cm
820.623 €
Ankaufsverfahren
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Konferenzraum
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstler : Gerhard Richter
Gerhard Richter (* 1932 in Dresden; lebt in Köln) ist Maler, Bildhauer und Fotograf. Er studierte von 1951 bis 1956 an der Dresdner Kunstakademie und 1961 bis 1963 an der Kunstakademie in Düsseldorf, wo er von 1971 bis 1993 auch eine Professur für Malerei innehatte. In Ablehnung der etablierten Kunstrichtungen begründete Richter mit Konrad Lueg, Sigmar Polke und Manfred Kuttner in den Sechzigerjahren den „Kapitalistischen Realismus“ als einen Stilmix, für den – nach der damaligen Aussage der Beteiligten – „Begriffe wie Pop-Art, Junk Culture, imperialistischer oder Kapitalistischer Realismus, neue Gegenständlichkeit, Naturalismus, German Pop und einige ähnliche kennzeichnend sind.” Bis heute lassen sich die Werke Richters nicht auf Stilrichtungen festlegen und zeigen ein breites Spektrum künstlerischer Ansätze. Richter ist einer der renommiertesten Künstler weltweit. Er war vielfach Teilnehmer der documenta in Kassel und der Biennale Venedig und erhielt etliche wichtige Auszeichnungen, darunter den Kaiserring der Stadt Goslar (1988), den Goldenen Löwen der Biennale Venedig (1997) sowie den Praemium Imperiale (1997). Besonders bekannte Werke von ihm sind der Akt „Ema“ (1966), der viel diskutierte „Stammheim-Zyklus“ (1988) und die mit Isa Genzken erarbeitete Gestaltung der U-Bahn Station König-Heinrich-Platz in Duisburg (1988-1992). Kunst am Bau realisierte Richter für das Reichstagsgebäude in Berlin (1999) und den Kölner Dom (2007).
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Architektur: Gustav Peichl
Bauzeit: 1989-1992
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn
Nordrhein-Westfalen
Die ersten Überlegungen zur Einrichtung einer Bundeskunsthalle fanden 1949 statt, gleichwohl beschloss das Bundeskabinett erst 1984 den Bau. Den daraufhin ausgelobten Architekturwettbewerb konnte Gustav Peichel für sich entscheiden. Nach der Grundsteinlegung 1989 erfolgte der Bau der Bundeskunsthalle gemeinsam mit dem benachbarten städtischen Kunstmuseum Bonn. 1992 wurde er bezogen.