Sunkoo Kang: Statue of Limitations 2020

  • Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

    Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

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    Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

  • Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

    Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

  • Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

    Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

  • Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

    Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

  • Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

    Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

  • Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

    Sunkoo Kang: Statue of Limitations, 2020 / © Sunkoo Kang; Fotonachweis: BBR / Cordia Schlegelmilch (2022)

Das Humboldt Forum (HUF) im wiedererrichteten Berliner Stadtschloss sieht sich im In- und Ausland wegen der zur Zeit des Kolonialismus zusammengetragenen Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst vielfach mit Vorwürfen der Kolonialvergangenheit und Fragen des Umgangs damit konfrontiert. Auch die Kunst-am-Bau-Künstler*innen des HUF widmen sich mehrheitlich in ihren Arbeiten dieser Problematik. Sehr entschieden geht der seinerzeit in Berlin lebende südkoreanische Künstler Sunkoo Kang das Thema an.
Sunkoo Kang gewann den Kunst-am-Bau-Wettbewerb für die zentrale Treppenhalle mit einem Entwurf für eine zweiteilige Bronzeplastik einer Fahne auf halbmast. Diese Fahne befindet sich mit ihrem unteren Teil am ausgeschriebenen Kunst-am-Bau-Standort im Treppenhaus des HUF. Der ergänzende obere Teil der Fahne ist – ungewöhnlich für Kunst-am-Bau-Projekte und eigentlich auch gegen deren Regularien – an einem anderen Ort installiert: Mit temporärer Genehmigung des Berliner Senats befindet er sich – bis auf Weiteres (Stand: September 2022) – auf dem vormals nach dem Arzt und Afrikaforscher Gustav Nachtigal benannten Nachtigalplatz, der wie mehrere Straßen- und Platznamen in diesem sogenannten Afrikanischen Viertel in Berlin-Wedding die koloniale Vergangenheit Deutschlands vergegenwärtigte, aber in Würdigung des Königspaars der Duala, Emily und Rudolf Manga Bell, inzwischen zum Manga-Bell-Platz umbenannt worden ist.
Der Titel, „Statue of Limitations“, den Sunkoo Kang seiner Plastik gegeben hat, ist eine Abwandlung von „Statute of limitations“, des Rechtsgrundsatzes der Verjährung. Damit schafft der Künstler einen Bezug zu nicht verjährendem Völkermord. Speziell sind so die Verbrechen der deutschen Kolonialmacht an den Nama und Herero in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika während der Jahre 1904 bis 1908 angesprochen, die noch immer nicht von allen deutschen Politiker*innen als Völkermord eingestanden werden. „Die Arbeit »Statue of Limitations«„, so der Künstler, „ist Ausdruck von Widerstand gegenüber Kolonialismus und Rassismus, Traditionen, die sich im Stadtraum von Berlin im Afrikanischen Viertel und dem rekonstruierten Schloss des Deutschen Reiches noch und wieder manifestieren.“
Ein solches Verständnis ergibt sich nicht aus der Betrachtung allein. Evident ist die zwischen Trauer und politischem Widerstand angesiedelte Ikonographie schwarzer Fahnen. Das zentrale Trauermotiv der Halbmastbeflaggung aber wird weder im HUF noch am Manga-Bell-Platz, sondern nur in der geistigen Zusammenschau sichtbar. Dank dieser von den Betrachtenden geforderten Fill-in-Leistung kann das Werk die Suggestion erzeugen, dass die Fahne als Symbol eines nicht abgeschlossenen Prozesses im HUF durch die Decke geht, um an einem anderen öffentlichen Ort ihre Fortsetzung zu finden. So liest sich die Fahne im HUF als Metapher der über alle Raumbegrenzung hinausdrängenden Dringlichkeit des angesprochenen gesamtgesellschaftlichen und weltpolitischen Problems. Die Bereitschaft des Bauherrn, dem wiederaufgebauten Stadtschloss an zentraler Stelle des Hauses ein thematisch solchermaßen aufgeladenes Kunstwerk einzuverleiben, ist ein Zeichen, das Entlastung bringen soll.
Bei aller thematischen Dringlichkeit wird kaum ein Mensch der künstlerischen Wirkung beider Teile des Werkes entgehen. Mit der schwarz patinierten Bronze, der schlank aufsteigenden Linie und dem schweren, dabei elegant und gefallend gewundenen Korpus strahlt die Plastik ästhetische Reize aus, die sich im HUF dem nüchternen Rationalismus von Franco Stellas traditionsbehafteter Treppenhausarchitektur schmeichelnd einschreiben. Entgegen dem Anschein übrigens steht die Fahne nicht auf dem Boden; das hatte die Auslobung aus Brandschutzgründen und der Verkehrsflächen wegen untersagt. Nun hängt die dennoch bis zum Boden reichende Fahne – durchaus tricky und ohne Verkehrsfläche zu beanspruchen – von der Decke herab. MS

Weiterführende Literatur:
Hans-Dieter Hegner: Ein Plädoyer für die Kunst im Humboldt Forum, in: Zeitgenössische Kunst im Humboldt Forum, Herausgegeben von Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Berlin / München 2022.


Freiplastik / Skulptur
Bronze, patiniert
Untere Hälfte der Statue: 275 x 230 x 1100 cm (Untere Hälfte der Staue); 200 x 140 x 1100 cm (Obere Hälfte der Statue)
300.000 €
offener Wettbewerb mit 136 Teilnehmern

Humboldt Forum im Berliner Schloss
Zentrale Treppenhalle, 2. und 3. Obergeschoss (Untere Hälfte der Statue) bzw. Nachtigalplatz im Afrikanischen Viertel, Berlin-Wedding (Obere Hälfte der Statue)
während der Öffnungszeiten zugänglich

Künstler : Sunkoo Kang

Kang Sunkoo, geboren 1977 in Seoul, ist Architekt und Künstler. Mit seinem Beitrag "Statue of Limitations" gewann er 2018 den ersten Preis beim Kunst-am-Bau-Wettbewerb für die Zentrale Treppenhalle des Humboldt Forums in Berlin. 2019 wurde Kangs Entwurf "Heimat Heimat" mit dem ersten Preis des Kunst-am-Bau-Wettbewerbs für den Erweiterungsbau des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat am Moabiter Werder in Berlin ausgezeichnet. Im Jahr 2020 gewann sein Beitrag "Urhütte" den ersten Preis im Kunst-am-Bau-Wettbewerb für den Neubau K12 des Bundesamtes für Strahlenschutz in Berlin-Karlshorst. Zuvor war er Mitarbeiter des Architekturbüros Herzog & de Meuron sowie des Künstlers Ai Weiwei. Er lebt und arbeitete in Basel, in der Schweiz.

Humboldt Forum im Berliner Schloss

Architektur: Franco Stella
Bauzeit: 2013-2020

Humboldt Forum im Berliner Schloss
Schloßplatz
10178 Berlin

Im Sommer 2002 beschloss der Deutsche Bundestag den Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldt Forum,. Dazu musste 2006 bis 2008 der Palast der Republik abgetragen werden. Ebenfalls im Jahr 2008 wurde ein internationaler Realisierungswettbewerb durchgeführt, aus dem der italienische Architekt Franco Stella als erster Preisträger hervorging. Im Jahr 2012 konnte mit dem Aushub der Baugrube begonnen werden, die Gebäudehülle wurde bis 2018 fertiggestellt. 2020 wurde der Bau bezogen.