Sigrid Wylach: o. T. (Wandteppich) 1977

  • Sigrid Wylach: o. T. (Wandteppich), 1977 / © Sigrid Wylach; Fotonachweis: Archiv BBR

    Sigrid Wylach: o. T. (Wandteppich), 1977 / © Sigrid Wylach; Fotonachweis: Archiv BBR

Der 1977 fertiggestellte Presseclub in Bonn diente bis 1989 als Begegnungsstätte von Vertretern aus Presse und Medien mit Politik und Wirtschaft. Das Gebäude besteht aus einer historischen Villa, die von dem Bonner Architekten Eberhard Schultz zweckerweitert wurde. Die direkt beauftragte Kunst am Bau für den Presseclub Bonn vereinte die Bildende Kunst mit der Handwerkstradition. Ernst Günter Hansings Skulptur auf der Terrasse stehen die Werke in Textil und Glas von Sigrid Wylach und Hella Santarossa gegenüber; Josef Partykiewiczs Karikaturen runden die Auswahl ab. Bedingt durch die Wiedervereinigung 1989 zog die Regierung nach Berlin um, womit die Liegenschaft obsolet wurde. Im Jahr 2009 renovierte die Aachener Architektenfirma Manstein das Gebäude für die Deutsche Post, die den Bau als Betriebsgastronomie für Mitarbeiter anmietet. Seit den Sanierungsarbeiten ist der Verbleib der meisten Kunst-am-Bau-Arbeiten ungeklärt; Immerhin befindet sich die Wandarbeit von Sigrid Wylach in Privatbesitz.
Hinter der geschwungenen Fassade des Anbaus aus den siebziger Jahren befinden sich auf zwei Geschossen kreisrunde Räume. Sigrid Wylachs Gobelin hing in der sogenannten Gastpalette des Hochparterres. Der Wandteppich vervollständigte die Innenausstattung im Stil der siebziger Jahre. Der Gastraum war mit einer durchlaufenden Zeile dunkelbrauner Ledersitze möbliert, gepaart mit schmalen Zweiertischen und Sitzmöbeln. Geflochtene Matten aus Rattan schlossen den Raum zur Decke ab. Sowohl die textile Deckengestaltung als auch der Wandteppich verbesserten die Akustik, da der Raum zum Treppenhaus geöffnet ist. Die gesamte Ausstattung in Naturfarben und Brauntönen förderte die angestrebten Gespräche, weil sie ein vertrauliches, anheimelndes Ambiente erzeugte.
Entsprechend zieht sich Wylachs Bildinhalt einem Redefluss gleich die Wand entlang. Jeweils von außen kommend teilt sich der Strom zur Mitte, macht Platz für eine Zeichensprache. Darin ordnen sich Reihen und Spalten mit geometrischen Formen in einem quadratischen System. Als grafisch anregender Blickfang dominiert Wylachs Gobelin den Ort. Die Tapisserie für den Presseclub ist ein Einzelwerk. Als junge Textildesignerin hatte sich Sigrid Wylach Mitte der siebziger Jahre bereits international etabliert. Der Gründung ihrer eigenen Teppich-Werkstatt 1972 folgten Aufträge mit der Firma Knoll International und deren Designer-Möbel. Ihre Teppiche entwarf sie speziell als Bestandteil von Kollektionen führender Designer und Architekten, u.a. von Ludwig Mies van der Rohe, Eero Saarinnen und Warren Plattner. Die heute von Markanto vertriebenen Teppiche Wylachs sind Klassiker der Moderne. Besonders bekannt sind ihre Teppichmodelle Cet und White Flower. Sigrid Wylach sowie Gabriele Grosse und Leo Wollner sind drei der wichtigsten Textilkünstler Deutschlands in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. CL

Weiterführende Literatur Online:
Claudia Büttner / Christina Lanzl (Autoren), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Kurzdokumentation von 200 Kunst-am-Bau-Werken im Auftrag des Bundes von 1950 bis 1979. BBSR-Online-Publikation 12/2014, Bonn, Dezember 2014.

Weiterführende Literatur:
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, (Hg.); Leuschner, Wolfgang (Bearb.), 1980: Bauten des Bundes 1965–1980. Karlsruhe. S. 61-62.
Gala, Johannes, 1978: Der neue Presseclub Bonn. Die Bauverwaltung, 27. Jg. (1), S. 16-19.
Nägeli, Walter; Vallebuona, Renzo, 1992: Eine Fabrik in Melsungen. Berlin, S. 160.
Wylach, Sigrid, 1.12.2013: Wylach Unikate. Zugriff: www.unikate.cc.


Teppich / Tapisserie
Wolle
830 x 130 cm
Direktvergabe

ehem. Presseclub der Deutschen Post AG
Gastpalette Hochpaterre
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstlerin : Sigrid Wylach

Sigrid Wylach (1941 Berlin) ist eine Textil- und Möbeldesignerin. Sie studierte Anfang der 1960er-Jahre an der Werkkunstschule Hannover und arbeitete 1963-68 als Entwerferin und Patroneurin im Teppichatelier von Vorwerk in Wuppertal. Ende der 1960er- Jahre wurde sie freie Mitarbeiterin für die Bayer AG, für die sie Kollektionen für europäische Heimtextilien- und Teppichhersteller entwarf, z. B. die Visiona-Reihe, vorgestellt auf der Kölner Möbelmesse. Wylach gründete 1972 ihr eigenes Teppich-Atelier und liierte sich mit dem weltweiten Marktführer Knoll International, für den sie Teppich-Kollektionen zu den bekanntesten Designer-Sitzgruppen entwarf. In Bonn gestaltete sie 1989 die Botschaft der UdSSR.

ehem. Presseclub der Deutschen Post AG

Architektur: Eberhard Schultz
Bauzeit: 1975-1977

ehem. Presseclub Bonn
Heinrich-Brühning-Straße 20
53113 Bonn
Nordrhein-Westfalen

Die 1909 errichtete Villa wurde 1975-77 von dem Bonner Architekten Eberhard Schultz für den Presseclub Bonn hergerichtet und erweitert. Sie diente bis 1989 als Begegnungsstätte von Vertretern aus Presse und Medien mit Politik und Wirtschaft. Bedingt durch die Wiedervereinigung 1989 zog die Regierung nach Berlin um, womit die Liegenschaft obsolet wurde. Im Jahr 2009 renovierte die Aachener Architektenfirma Manstein das Gebäude für die Deutsche Post AG, die den Bau bis 2019 als Betriebscasino nutzte.

Weitere Kunstwerke: ehem. Presseclub Bonn , Bonn