Inges Idee: Im selben Boot / In internationalen Gewässern 2003
Der Ortsteil Parow wenige Kilometer nördlich von Stralsund ist bereits seit vielen Jahren Standort verschiedener militärischer Stützpunkte mit dem Schwerpunkt auf Einrichtungen der Marine. Im Zuge der Strukturreform nach 1989 wurde beschlossen, die Anzahl der Marineschulen zu reduzieren. Mit der Entscheidung für den Standort Parow und der Grundsteinlegung 1992 begann das umfangreichste Investitionsprojekt der Bundeswehr in den neuen Ländern. In insgesamt drei Bauabschnitten entstand zwischen 1992 und 2003 die größte und modernste Schule der Marine. Herzstück des Geländes ist das Wirtschaftsgebäude, das knapp 2.000 Menschen täglich versorgt. Auf der Wiese davor liegt, zur Seite gekippt, ein Objekt, das auch wegen seiner hermetisch geschlossenen Oberfläche an ein überdimensioniertes Spielzeugschiff erinnert. Das leuchtende Blau entfaltet vor dem Untergrund der grünen Wiese eine weithin sichtbare Signalwirkung. Urheber der Arbeit „Im selben Boot“ ist die Künstlergruppe Inges Idee, bekannt für ihre raum- und ortsspezifischen Interventionen, die sich mit dem gesellschaftlichen, urbanen oder sozialen Umfeld der Gebäude, der Nutzung und der Ästhetik der Architektur auf eine spielerische, humorvolle Weise auseinandersetzen. Im Kontrast zu den analytischen Lehrinhalten der Marinetechnikschule platzierte die Künstlergruppe ein Objekt, das den Assoziationsraum des Betrachters weit öffnet: Wie angeschwemmtes Strandgut liegt das Boot nun auf dem Trockenen, seine Schwimmfähigkeit hat es an seinem aktuellen Standort eingebüßt.
Die zweite prämierte Arbeit von Inges Idee heißt „In internationalen Gewässern“. Zwei Vitrinen im Foyer des Offizierskasinos stellen Mineralwasserflaschen unterschiedlichsten Designs und internationaler Herkunft zur Schau. Die jeweils drei Regalböden sind von zwei Lichtwannen indirekt beleuchtet und bieten 30 Flaschen Platz, die horizontal in der Art von Buddelschiffen gesockelt sind. Als Buddelschiffe werden Glasflaschen bezeichnet, in die meist handgefertigte Modelle von Segelschiffen eingebracht wurden. Diesem beliebten Hobby gingen Seeleute gerne während der langen Fahrten übers Meer nach. In einer humoristischen Wendung dieser Tradition enthalten die Flaschen von Inges Idee nichts als einen perfekt austarierten Wasserspiegel. SvM
Weiterführende Literatur Online:
Anne Schmedding / Constanze von Marlin (Autoren), BMVBS (Hrsg.): Kurzdokumentation von 200 Kunst-am-Bau-Werken im Auftrag des Bundes seit 1950. BMVBS-Online-Publikation 25/2012.
Weiterführende Literatur:
70 Jahre Kunst am Bau in Deutschland, Ausstellungskatalog, hrsg. v. Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat und dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Berlin 2020
Stephan Berg; Xaver Baier (Hg.), Inges Idee. Beste Ideen 1999–2001, Nürnberg 2001.
Harald Fricke, Inges Idee. Projekte 2002–2007, Nürnberg 2007.
Installation
Boot: glasfaserverstärkter Kunststoff; hinterleuchtete Vitrinen, Mineralwasserflaschen
Boot: ca. 4,5 x 10 x 6 m, Vitrinen: insgesamt ca. 220 x 500 x 60 cm
345.000 €
nicht-offener Wettbewerb nach Bewerbungsverfahren mit 18 Teilnehmern
Wirtschaftsgebäude (Kasino)
Außenanlage (Boot) und Innenraum (Vitrinen)
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstlergruppe : Inges Idee
Inges Idee, gegründet 1992, ist eine Berliner Künstlergruppe. Sie besteht aus den Mitgliedern Hans Hemmert, Axel Lieber, Thomas A. Schmidt und Georg Zey. Inges Idee realisierte zahlreiche Werke im öffentlichen Raum und Kunst am Bau in Deutschland und weltweit sowohl im privaten als auch im öffentlichen Auftrag, so z. B. „Brickman“, Toronto, 2011, „Rotkäppchen und ...“, Universität Potsdam, 2011, „Receiver“, DR Byen – Dänischer Rundfunk, Kopenhagen, 2010, „Elstern“, Landeszentralbank in Berlin und Brandenburg, Potsdam, 1999. Neben dem Arbeiten in der Gruppe sind alle Mitglieder individuell künstlerisch aktiv.
Wirtschaftsgebäude (Kasino) Parow (Kramerhof)
Architektur: Architekten Contor Ferdinand + Ehlers
Bauzeit: 1996-1999
Marinetechnikschule Parow
Pappelallee 30
18445 Parow (Kramerhof)
Mecklenburg-Vorpommern
Die Gesamtanlage wurde 1992-2003 für die Marinetechnikschule Parow hergerichtet und ausgebaut.