Thomas Struth: Paradise 4, Daintree, Australien 2001
Die Kunst am Bau für das Hauptgebäude des Bundesverkehrsministeriums in Berlin ist sowohl im Altbau als auch im Neubau sehr präsent. Neben architekturbezogenen Installationen von Rebecca Horn und Günther Förg wurden auf Empfehlung des Kunstbeirats und des Architekten Max Dudler Fotografien von Thomas Struth, Miguel Rothschild, Matthias Hoch, Thomas Wrede, Thomas Florschuetz und Yehuda Altmann für die Ausgestaltung der Aufenthaltsbereiche und Wartezonen auf allen Etagen des Neubaus angekauft. Bei der Auswahl der Kunstwerke sollte der thematische Bezug zu den Aufgaben des Ministeriums und zu den historischen Nutzern des Gebäudes eine Rolle spielen. Für das Foyer wurde ein großformatiges Foto von Thomas Struth (*1954) ausgewählt, das den Titel „Paradise 4, Daintree, Australien“ trägt und einen australischen Urwald darstellt. In der Tradition von Bernd und Hilla Becher – die Begründer der Düsseldorfer Photoschule – begann Struth während seines Studiums in Düsseldorf mit zentralperspektivischen Architekturaufnahmen von Plätzen und Straßenzügen, die die städtische Entwicklung eindrücklich dokumentieren. Die Arbeit im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung stammt jedoch nicht aus dieser Werkphase, sondern ist Teil der seit 1998 entstehenden Serie von Urwäldern in Australien, Amerika, Asien und Europa. Die Aufnahme aus dem Nationalpark Daintree in Australien zeigt den Urwald als Ausschnitt, dessen Wucherungen sich jenseits der Bildgrenzen fortsetzen. Laubbäume, Sträucher, sich kreuzende Äste und unzählige Blätter bedecken das gesamte Bildformat in einer All-over-Struktur. Technisch wird dieser Effekt in der Fotografie von Struth durch die Tiefenschärfe des Bildes unterstützt, die die Trennung zwischen Vordergrund und Hintergrund verwischt. Im Gegensatz zu seinen frühen architektonischen Motiven in dokumentarischem Stil zeigt „Paradise 4“ eine Landschaft, die in visuellem Kontrast steht zur Arbeit des Ministeriums auf den Gebieten des Verkehrs, der Stadtentwicklung und des Bauens. Es sind also weniger inhaltliche Bezüge zur Nutzung des Gebäudes als vielmehr der Gegensatz zur streng gegliederten Rasterarchitektur von Max Dudler, auf die sich die Kunst am Bau bezieht. SvM
Weiterführende Literatur Online:
Anne Schmedding / Constanze von Marlin (Autoren), BMVBS (Hrsg.): Kurzdokumentation von 200 Kunst-am-Bau-Werken im Auftrag des Bundes seit 1950. BMVBS-Online-Publikation 25/2012.
Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Die Projekte des Bundes in Berlin, hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW), Berlin 2002, S. 231.
Thomas Struth, New Pictures from Paradise, München 2002.
Thomas Struth, Fotografien 1978–2010, Düsseldorf 2010.
Fotoarbeit
C-Print
177,7 x 225,4 cm
41.517 €
Ankaufsverfahren mit 6 Teilnehmern
Erweiterungsbau
Foyer Neubau
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstlergruppe : Thomas Struth
Thomas Struth (*1954), einer der bekanntesten zeitgenössischen deutschen Fotografen. Studium der Malerei und Fotografie an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. 1993–1996 Professur an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Internationale Ausstellungstätigkeit, u. a. Teilnahme an der Biennale Venedig 1990 und an der documenta IX, sowie Einzelausstellungen wie Hamburger Kunsthalle 1993, Stedelijk Museum Amsterdam 1998, Metropolitan Museum of Art New York 2003, Kunsthaus Zürich 2010. Struth lebt und arbeitet in Düsseldorf und Berlin.
Erweiterungsbau Berlin
Architektur: Max Dudler
Bauzeit: 1997-2005
Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Invalidenstraße 44
10115 Berlin
An den 1875-1878 nach Plänen des Architekten August Tiede als Geologische Landesanstalt und Bergakademie errichteten und ab 1996 für das Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung von Gerber Architekten aus Dortmund umfassend sanierten Altbau wurde mit einem Neubau von Max Dudler aus Berlin erweitert, an den 2003-2006 ein zweiter Erweiterungsbau nach Plänen von Max Dudler angefügt wurde.