Katharina Grosse: o. T. 1999

  • Katharina Grosse: o. T., 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Martin Seidel (2007)

    Katharina Grosse: o. T., 1999 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Martin Seidel (2007)

Auf die Innenräume, den Hof und die Außenanlage des Bundesarbeitsgerichtes verteilen sich Werke von acht Künstler*innen. Charakteristisch für gleich vier Kunstpositionen ist der Umstand , dass sie – ungewöhnlich für Kunst am Bau – nicht fest mit der Architektur verbunden sind. Katharina Grosse lässt im südlichen der beiden kleinen Verhandlungsräume im Erdgeschoss drei farbintensive abstrakte Malereien als Tafelbilder in Erscheinung treten. Horizontale und vertikale Farbbahnen beziehen den manuellen Entstehungsprozess als wesentliches Moment der Bildwirkung ein und schaffen in die Tiefe gehende Bildräume. Schon indem sie eine Einheit bilden, zeigen die Bilder ihre Raumbezogenheit. Zudem sind sie ungerahmt und verwenden als Bildträger dünnes Aluminium statt einer aufgespannten und mehr von der Wand abrückenden Leinwand. Darüber hinaus begeben sie sich mit dem Bildformat und der Struktur der Malerei ausdrücklich in einen baubezogenen Dialog. Den entscheidenden Impetus des Ortes, für den die Kunst entsteht, betont Katharina Grosse immer wieder und auch für das Bundesarbeitsgericht. „Die Bildform entsteht“, so die Künstlerin, „mitunter durch die Türen, die Möbel, quasi durch die Raumfunktionen und die Nutzer selbst.“ Grosses Malerei geht mit der Architektur und dem Raum ein Spiel aus Nähe und Distanz ein. Sie reagiert in freier künstlerischer Aneignung auf das Gefüge und das gedämpfte farbliche Miteinander der betongrauen Kassettendecke, der grünlichen Bodenplatten, der Tönung und Maserung des Eichenholzes und den dunklen Bezug der Sessel. In der orthogonalen Orientierung der Farbbahnen spiegeln sich Grundprinzipien der Architektur und der Ausstattung. Die vertikalen Bahnen nehmen die Maserung der Paneele auf, die sie mit den Horizontalen und der Unterteilung der Bilder in Felder wiederum negieren. Katharina Grosses Konzept der „erweiterten Malerei“ besteht in der Überwindung der Grenze von autonomer und ortsbezogener Malerei. Mit diesem Ansatz, der auch die Arbeit im Bundesarbeitsgericht kennzeichnet, gehört die Malerin zu den erfolgreichsten Künstler*innen unserer Zeit. MS

Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Projekte des Bundes 2000-2006, hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Berlin 2007, S. 48-180, S. 100-109.
Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts (Hg.): B Art G. Kunst am Bundesarbeitsgericht, Zweite überarbeitete Auflage, Erfurt 2014.
Staatsbauamt Erfurt: Bundesarbeitsgericht Erfurt. Baudokumentation, o.J.
Staatsbauamt Erfurt: Ankunft in Erfurt. Das neue Bundesarbeitsgericht, o.J. (Broschüre).


Tafelbild / Gemälde
Acrylmalerei auf Aluminium
je 188 x 125 cm
6.391 €
nicht-offener Wettbewerb / Einladungswettbewerb mit 11 Teilnehmern

Bundesarbeitsgericht
kleiner südlicher Verhandlungssaal im EG
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstlerin : Katharina Grosse

Katharina Grosse wurde 1961 in Freiburg im Breisgau als Tochter einer Künstlerin und eines Germanisten geboren. Sie studierte an den Kunstakademien Münster und Düsseldorf bei Norbert Tadeusz und Gotthard Graubner und wurde 2000-2010 als Professorin an die Kunsthochschule Berlin-Weißensee berufen. Seit 2010 ist sie Professorin für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf und lebt und arbeitet in Berlin. Katharina Grosse verwendet für ihre Malerei eine kompressionsbetriebene Spritzpistole. Mit ersten Wandarbeiten in dieser Technik erregte Grosse 1998 in Sydney/Australien bei der 11th Biennale of Sydney großes Aufsehen. Ihre gestische Farbmalerei hat seither zahlreiche Orte der Kunst in Australien, den USA und Europa grundlegend umdefiniert. Museen, Privathäuser, Plakatflächen, Treppenhäuser, Kantinen und Trainingsräume wurden von ihr bearbeitet, um Kontrapunkte und Irritationen sowie eine veränderte Wahrnehmung der Wirklichkeit herzustellen.

Bundesarbeitsgericht

Architektur: Weinmiller Architekten BDA
Bauzeit: 1996-1999

Bundesarbeitsgericht
Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
Thüringen

Der neue Dienstsitz des Bundesarbeitsgerichtes entstand im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands, nachdem die Föderalismuskommission 1992 die Verlegung der Institution von Kassel nach Thüringen beschlossen und man sich auf Erfurt als neuen Standort geeinigt hatte.

Weitere Kunstwerke: Bundesarbeitsgericht, Erfurt

Weitere Kunstwerke: Grosse, Katharina