Mary Bauermeister: Linsenrelief und vier Linsenobjekte 1979
Als das alte Kasino des Bundesministeriums des Innern den Nutzungsanforderungen nicht mehr gerecht wurde, entstand Ende der 1970er-Jahre ein Neubau. Da der Bundesminister des Innern auch für die Fragen der Kultur zuständig war, sollte das neue Kasino- und Sitzungssaalgebäude eine anspruchsvolle Ausstattung mit Kunst am Bau erhalten. Auf der Basis eines Gesamtkonzepts der Bundesbaudirektion und von gutachterlichen Vorschlägen wurden Arbeiten der international bedeutenden Künstler Mary Bauermeister, Gabriele Grosse, Gottfried Gruner, Heinz Mack, Ursula Sax und Wolf Vostell im Inneren des Gebäudes realisiert.
Von Mary Bauermeister, geboren 1934 in Frankfurt am Main, hängen drei verschiedene Werkgruppen im Foyer und im Nebeneingang des Kasinos, „Linsenrelief“, „Vier Linsenobjekte“ und „Fünf Steinobjekte“. Das „Linsenrelief“ besteht aus mehreren unterschiedlich großen Glasscheiben, die sich zum Teil überschneiden. Sie sind Träger von konvexen und konkaven Linsen, gläsernen Kugelsegmenten und Pyramiden sowie bemalten und beschrifteten Steinen. Die Arbeit ist ein komplexes Zusammenspiel aus Elementen mit Texten und Zeichnungen sowie die Optik verändernden Linsen. In der Nahsicht lassen sich Texte und Zeichnungen erkennen, dies sich mit der Themenwelt des Kosmos und mit den Elementen auseinandersetzen. Aus der Fernsicht dominiert der visuelle Effekt, dass sich die reflektierte Umgebung je nach Standort und Bewegung des Betrachters ändert. Eine Verbindung von Innen- und Außenraum stellt Bauermeister durch die Platzierung von drei bemalten Steinen auf dem gepflasterten Vorplatz sowie von mehreren kleineren Steinen unterhalb des Kunstwerks im Innenraum her. Als Ergänzung zum "Linsenrelief" wurden 1979 noch die "Vier Linsenobjekte" beauftragt, die ebenfalls aus Linsen, Kugelsegmenten und mit Tusche beschrifteten Steinen bestehen, aber in vier unterschiedlich große, quadratische Holzkästen eingebettet sind.
Bauermeister gehört zur künstlerischen Avantgarde, die in den frühen 1960er-Jahren mit Fluxus der Kunst neue Wege gewiesen hat. Von der zweidimensionalen Zeichnung entwickelte sich ihr Werk zunehmend zu Relief- und Materialbildern wie den sogenannten Linsenkästen, mit denen ihr 1964 der Durchbruch auf dem New Yorker Kunstmarkt gelang. AS/CvM
Weiterführende Literatur Online:
Anne Schmedding / Constanze von Marlin (Autoren), BMVBS (Hrsg.): Kurzdokumentation von 200 Kunst-am-Bau-Werken im Auftrag des Bundes seit 1950. BMVBS-Online-Publikation 25/2012.
Weiterführende Literatur:
Horst Rave, Bau Kunst Verwaltung. Dokumentation Ergänzungsfonds des Bundes 1977 bis 1984, hrsg. von Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Karlsruhe, ohne Jahr, S. 63.
A.-Kat. Welten in der Schachtel: Mary Bauermeister und die experimentelle Kunst der 1960er Jahre, Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, Bielefeld 2010.
Installation
Glas, Linsen, bemalte Steine; Tusche, Glas, Linsen in weiß lackierten Holzkästen
Linsenobjekt: 197 x 95 x 13 cm; Holzkästen: 52,5 x 52,5 cm; 32 x 32 cm; 15,5 x 15,5 cm; 10,5 x 10,5 cm
10.226 €
Gutachterverfahren
Kasino- und Sitzungssaalgebäude
Vorraum und Nebeneingang Kasino
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstlerin : Mary Bauermeister
Mary Bauermeister, geboren 1934 in Frankfurt a. M., studierte an der Hochschule für Gestaltung in Ulm und an der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken. Mit Beginn der 1960er veranstaltete sie in ihrem Kölner Atelier avantgardistische Konzerte, Ausstellungen und Performances. Bauermeister hatte zahlreiche internationale Ausstellungen. Kunst am Bau realisierte sie unter anderem für das Goethe-Institut London (1978), die Deutsche Botschaft Khartoum (1979) und das Innenministerium in Bonn (1979). Die aus ihrer Beschäftigung mit Grenzwissenschaften gewonnenen Erkenntnisse nutzte sie auch für die Planung von Gärten, die sie für Auftraggeber weltweit ausführt.
Kasino- und Sitzungssaalgebäude
Architektur: Bundesbaudirektion (Eberhard Schulz)
Bauzeit: 1977-1979
Bundesministerium des Innern und für Heimat
Graurheindorfer Str. 198
53117 Bonn
Nordrhein-Westfalen
Die auf der 1913-15 als Düppelkaserne eingerichtete Liegenschaft wird seit 1949 vom Innenministerium genutzt. Hierfür wurde der Baubestand in den 1950er-Jahren mehrfach um- und ausgebaut; 1968/69 kam das 12-geschossige Hochhaus und 1977–79 das Kantinen- und Sitzungssaalgebäude im Innenhof hinzu.