Waldemar Grzimek: Großtierstele und Kleintierstele 1960
Friedrich Loeffler, Namensgeber des heutigen Friedrich-Loeffler-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, gründete 1910 die Forschungseinrichtung auf der Insel Riems gemäß dem Auftrag des preußischen Kultusministeriums, die virusbedingte Maul- und Klauenseuche (MKS) zu erforschen. Die ersten Institutsbauten stammen aus der Gründungszeit. Von 1925 bis 1930 erhielt die Insel im Zuge eines umfassenden Ausbaus der „Staatlichen Forschungsanstalt Insel Riems“ einen großen mehrteiligen und auch in sich geschlossenen MKS-Komplex mit Laboren, einer Serumabteilung für die enorm gesteigerte Impfstoff-(Vakzine)-Produktion, Kleintierställen sowie vier Rinderställen. Zur Zeit des Nationalsozialismus erfolgten abermals umfangreiche Bauarbeiten. 1940 konnte das Hauptgebäude der Forschungseinrichtung bezogen werden, ein langgestreckter, zweigeschossiger Bau, dessen Hauptfassade zum Meer ausgerichtet ist. In der Außenanlage zur Seeseite stehen die von Waldemar Grzimek (1918–1984) entworfene „Großtierstele“ als erhabenes Relief und die „Kleintierstele“ mit der Darstellung von Schweinen, Ziegen und Schafe auf der Westseite und Hühnern, Gänsen, Kaninchen und Ratten auf der Ostseite als versenktes Relief. Der Reliefgrund der Stele in Form eines liegenden Rechtecks wird durch schichtweise vorkragende Ziegelbänder (teilweise in Trapezform ausgeführt) aufgelockert. Die Tierdarstellungen wurden in die ebenen Bildflächen vor dem Brennen eingeschnitten. Die Tiere sind im Profil dargestellt, der Wechsel in ihrer Stellung bzw. Blickrichtung erinnert an Holzschnittwerke. Durch einfache aber typisierende Linien werden die Tiere treffend charakterisiert. Dargestellt wurden vor allem die Tierarten, deren Gesundheit auf der Insel Riems erforscht wurde. Die „Großtierstele“ zeigt auf der Westseite der gebrannten Ziegelwand zwei Rinder, auf der Ostseite zwei Pferde. Im Gegensatz zu der „Kleintierstele“ wurden die Umrisse der Tiere hier nicht in die Wand geschnitten. Im Gegenteil, die Fläche um die Tierformen wurde abgetragen, so dass diese erhaben aus dem Reliefgrund ragen. Die Westseite zeigt einen Bullen im Profil, der den Kopf nach rechts neigt – gerichtet zu der am Boden ruhenden Kuh. Die Darstellung auf der Ostseite zeigt links ein wohl totes Pferd, das auf den Rücken liegt und dessen Beine nach oben gestreckt sind sowie rechts ein stehendes Pferd mit starr geradeaus schauendem Kopf. Aus dem flächigen Relief kragen lediglich Schweif und Mähne hervor. Mit den Tierdarstellungen, deren Auswahl auf die Forschung des Instituts verweist, knüpft Grzimek an seine frühe Schaffensperiode in den 1930er Jahren an, in der er sich bereits als Jugendlicher mit Tierplastiken einen Namen machte. LK
Weiterführende Literatur Online:
Anne Schmedding / Constanze von Marlin / Anna-Sophie Laug / Lisa Kreft (Autoren), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Kurzdokumentation von 150 Kunst-am-Bau-Werken im Auftrag des Bundes seit 1950, BBSR-Online-Publikation 02/2019, März 2019.
Weiterführende Literatur:
Witt, Detlef, Die Kunst auf der Insel Riems: Malerei und Plastik von Fritz Cremer, Heinrich Drake, Waldemar Grzimek, Hans Neubert, Hans Prütz, Walter Wadephul und Matthias Wegehaupt, hrsg. vom Friedrich-Loeffler-Institut Insel Riems, Greifswald 2010.
Wandarbeit
Ziegelrelief
je 170 cm x 500 cm
Karreegebäude (Hauptgebäude)
Außenanlage
öffentlich zugänglich/einsehbar
Künstler : Waldemar Grzimek
Waldemar Grzimek (1918 in Rastenburg/Ostpreußen – 1984 in West-Berlin) war deutscher Bildhauer, der in West- und Ostdeutschland wirkte. Seine ersten Tierplastiken modellierte er bereits ab 1929 im Berliner Zoo, die 1933 auf einer Ausstellung der Akademie der Künste große Beachtung fanden. Nach seinem Schulabschluss absolvierte er zunächst eine Steinmetzlehre, bis er zum Studium der Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin zugelassen wurde. Professuren hatte er an der Hochschule für Bildende Künste in (West)-Berlin, an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und an der Technischen Universität Darmstadt inne. Neben zahlreichen Ausstellungsbeteiligungen, u.a. der documenta III in Kassel 1964, realisierte er Kunst am Bau, Kunst im öffentlichen Raum und Denkmale, darunter die Brunnenanlage auf dem Wittenbergplatz, Berlin, Fassaden des Kinos International in Berlin und die Buchenwaldglocke im Glockenturm des Konzentrationslagers Buchenwald.
Karreegebäude (Hauptgebäude) Greifswald - Insel Riems
Architektur: Itten+Brechbühl AG, Basel und Rauh Damm Stiller Partner, Greifswald
Bauzeit: 2011-2013
Friedrich-Loeffler-Institut
Südufer 10
17493 Greifswald - Insel Riems
Mecklenburg-Vorpommern
Das von 1940 stammende Hauptgebäude wurde 2012-2015 denkmalgerecht saniert und durch ein Konferenzgebäude erweitert, das neben den Verwaltungs- und Veranstaltungsräumen auch die Bibliothek und die Kantine beherbergt.