Jochen Lempert: Elfenbein I, Elfenbein II 2011
Das Hauptzollamt Hamburg-Stadt wurde 2011 nach Entwurf der Architekten Winking und Froh fertig gestellt. Für die Kunst am Bau war eine flächenbezogene Gestaltung zweier Wandflächen im Foyer und in der Kassenhalle vorgesehen. Hinsichtlich der Medien und etwaiger ortsspezifischer Bezüge gab es keine Vorgaben. Der in Hamburg lebende Tier- und Naturfotograf Jochen Lempert (Jahrgang 1958) überzeugte die Jury mit einem Entwurf für Fotogramme, die etwas zur Darstellung bringen, das sich zwiespältiger Beliebtheit erfreut: Elfenbein.
Die beiden aus acht beziehungsweise zehn Einzeltafeln zusammengesetzten Großformate zeigen einen großen und mehrere kleine Elefantenstoßzähne. Sie gehen ihrerseits auf Fotos zurück, die das Zollamt Hamburg 1991 von beschlagnahmtem Elfenbein angefertigt hatte. Diese Fotos hat Lempert, der als Biologe und Autodidakt zur Fotografie stieß, seinen Fotogrammen zugrundegelegt. Von den an Röntgenaufnahmen erinnernden Fotogrammen hat Lempert Digitaldrucke erstellen und auf Aluminiumträgerplatten kaschieren lassen, die zu den Wandbildern der Brüstung des öffentlich zugänglichen Eingangsbereichs im Erdgeschoss und der Seitenwand der Kassenhalle im ersten Obergeschoss zusammengesetzt sind.
Das Motiv Elfenbein ist dem Standort geschuldet. Doch ist das Elfenbein weder als begehrte Schmuggelware, als „weißes Gold“ in seinen reizvollen Erscheinungsformen und Tönungen dargestellt. Noch erhebt das Werk, was nahegelegen hätte, eine Anklage etwa gegen Artenschutzverstöße. In erster Linie kommen in Lemperts Adaption formalästhetische Aspekte zum Tragen – deren Wichtigkeit sich auch darin zeigt, dass der Künstler die Fertigstellung der Architektur abwartete, um Kunst und Bau farblich optimal aufeinander abstimmen zu können.
Die unstabil gruppierten, gekrümmten und sich unregelmäßig verjüngenden Elfenbeine der Brüstung der Eingangshalle treten mit den Ecken, Kanten, Flächen, Körpern und Säulen der Architektur in einen lebhaften Dialog. Das subtil ausbalancierte große Elfenbein der Kassenhalle im ersten Obergeschoss strahlt Ruhe aus und bildet im Raum ein geistiges Zentrum. MS
Weiterführende Literatur Online:
Martin Seidel (Autor), BMVBS (Hrsg.): Dokumentation von 50 Kunst-am-Bau-Werken, BMVBS-Online-Publikation 05/2013.
Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Projekte des Bundes 2006-2013, hrsg. v. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Berlin 2014, S. 188-191.
Digitaldruck
Digitaldrucke auf Aluminiumträgerplatte kaschiert
246 x 972 cm (Elfenbein I); 277 x 800 cm (Elfenbein II)
49.300 €
nicht-offener Wettbewerb / Einladungswettbewerb mit 5 Teilnehmern
Neubau Hauptzollamt Hamburg-Stadt mit Zollamt Post
Brüstung im Foyer im Erdgeschoss und Wandfläche in der Kassenhalle im 1. Obergeschoss
während der Öffnungszeiten zugänglich
Künstler : Jochen Lempert
Jochen Lempert (*1958 in Moers) ist Biologe und Tierfotograf in Hamburg. Er begann in den 1990er-Jahren neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auch fotografisch zu arbeiten und erforscht seither den Dialog zwischen Natur und Mensch. Er wurde für seine fotografischen Arbeiten vielfach ausgezeichnet: 1993 erhielt er das Stipendium für zeitgenössische deutsche Fotografie der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, 2005 war er der Träger des Edwin-Scharff-Preisese, 2009 war er Stipendiat in der Villa Massima in Rom und 2017 wurde ihm der Camera Austria-Preis für zeitgenössische Fotografie zuerkannt. Seine Fotos wurden in die Sammlungen vom Centre Pompidou in Paris und dem Museum of Modern Art in New York aufgenommen und in zahlreichen Museen wie dem Museum Ludwig Köln (2010), der Hamburger Kunsthalle (2013), dem Sprengel Museum Hannover (2017), dem Contemporary Art Center Vilnius (2020), dem Portikus Frankfurt/Main (2022) und im C/O Berlin (2023) ausgestellt.
Neubau Hauptzollamt Hamburg-Stadt mit Zollamt Post
Architektur: Winking Froh Architekten
Bauzeit: 2009-2011
Neubau Hauptzollamt Hamburg-Stadt mit Zollamt Post
Koreastraße 4
20414 Hamburg
Mit dem Neubau für das Hauptzollamt Hamburg-Stadt und das Zollamt Post im Elbtorquartier sollten die bislang verstreut untergebrachten Dienststellen an einem einzigen Standort in der Hafen-City Hamburg zusammengeführt werden. Hierfür lobte die Bundesbauabteilung Hamburg 2007 einen beschränkten Wettbewerb aus, den Winking Froh Architekten aus Hamburg für sich entscheiden konnten. Im Mai 2009 wurde mit dem Bau begonnen, im November 2011 konnte er bezogen werden.