Fritz Balthaus: Pure Moore 2009

  • Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

    Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

  • Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

    Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

  • Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

    Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

  • Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

    Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

  • Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

    Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

  • Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

    Fritz Balthaus: Pure Moore, 2009 / © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotonachweis: BBR / Werner Huthmacher (2011)

Der Berliner Künstler Fritz Balthaus (Jahrgang 1952) hat am Berliner Dienstsitz des Bundeskriminalamts auf einem Sockel in unregelmäßigen Formationen und Höhen Bronzebarren aufgetürmt. Es wird gleich deutlich, dass es sich hierbei nicht um ein traditionelles Kunstwerk handelt. Aus dem neben dem Werk angebrachten Schildchen geht hervor, dass sich die Arbeit auf die „Reclining Figure“ des britischen Künstlers Henry Moore (1898-1986) bezieht, die 2006 einem dreisten Diebstahl zum Opfer fiel:
4,4 Millionen Euro teuer +++ 2,1 Tonnen schwer +++ Der Raub wurde mit Sicherheitskameras aufgezeichnet +++ Um 22.06 Uhr fuhr ein Geländewagen in den Hof, kurz danach ein Lastwagen mit Kran +++ Die Diebe laden auf, zehn Minuten später sind sie weg +++ Vom Kunstwerk fehlt jede Spur +++ Die Ermittler haben einen furchtbaren Verdacht +++ Die Diebe könnten die Kunstwerke [sic!] eingeschmolzen haben, um sie als Altmetall zu verkaufen +++ Der Preis für Bronze ist so hoch wie nie.
„Pure Moore“ demonstriert, wie die „Reclining Figure“ aussähe, wenn man die Plastik einschmelzen und aus der eingeschmolzenen Bronze Normbarren formen würde. 221 Bronzebarren lagern auf einer Sockelplatte, die in Größe und Erscheinung dem Sockel von Moores Figur angepasst ist.
„Pure Moore“ ist somit die Darstellung eines Kunstwerks, das entweder gerade einmal sein Material wert ist – oder aber sehr viel mehr. Die Differenz beträgt in diesem Fall mehr als vier Millionen Euro. Denn mit etwa 4,4 Millionen Euro war der Marktwerkt der Plastik angegeben, mit noch nicht einmal 2.000 Euro der damalige Materialwert.
Die Plastik von Fritz Balthaus thematisiert einen bizarren umgekehrten Prozess der Wertschöpfung. Indem die Diebe sich (mutmaßlich) für den Materialwert des Kunstwerks entscheiden, machen sie die Nebensache zur Hauptsache. Der Titel der Arbeit, „Pure Moore“, treibt dieses Spiel mit Bedeutungen auf die Spitze. „Pure Moore“ ist zu übersetzen mit ‚reiner‘, ‚echter‘ oder ‚wahrer‘ Moore und will in Bezug auf das Treptower Werk in etwa sagen: Seht, das ist der eigentliche Moore! Was nach den rhetorischen Usancen aus der Bronze erst ‚einen Moore‘ machen würde, ist allerdings gerade nicht vorhanden: nämlich die künstlerische Idee und deren plastische Umsetzung. Das Gebilde auf dem Sockel hat mit dem suggerierten Markenartikel der Herkunft ‚Moore‘ nichts (mehr) zu tun. Es ist letztendlich kein „pure Moore“, sondern – um in der Diktion des Titels zu bleiben – ‚reines Material‘ – die Ironie ist unübersehbar. Die Arbeit ist auch eine Reflektion über den spekulativen Marktwert der Kunst. „Pure Moore“ ist ein Denkmal für den Verlust eines bedeutenden Kunstwerks und gleichzeitig und noch mehr Sinnbild einer Kunst, die zwischen grenzenloser Bewunderung und grenzenloser Geringschätzung hin und her geworfen ist.
Als Kunst am Bau entwickelt „Pure Moore“ einen stringenten Bezug zum Bundeskriminalamt, das auf nationaler und internationaler Ebene für Kunstdiebstähle zuständig ist. „Pure Moore“ könnte aber auch in Museen und Ausstellungen gezeigt werden, wo jene Kunstöffentlichkeit zusammenfindet, die in der Arbeit ebenfalls angesprochen ist. MS

Weiterführende Literatur:
Kunst am Bau. Projekte des Bundes 2006-2013, hrsg. v. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Berlin 2014, S. 66-69.


Freiplastik / Skulptur
Bronze, Granit, Beton
360 x 200 x 45 cm (Sockel), 170 x 136 x 32 cm (Bronzebarren), 77 cm (Gesamthöhe)
90.600 €
nicht-offener Wettbewerb / Einladungswettbewerb mit 8 Teilnehmern

Bundeskriminalamt
am Teich im nordöstlichen Bereich der Freifläche
nicht öffentlich zugänglich/einsehbar

Künstler : Fritz Balthaus

Fritz Balthaus, geboren 1952 in Oberhausen, lebt und arbeitet als freier Künstler in Berlin. Nach einer Lehre als Buchdrucker studierte er Kunst an der Hochschule der Künste Berlin und am California Institute of the Arts in Los Angeles. Balthaus erhielt zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen. Seine Arbeiten sind in deutschen und internationalen Sammlungen vertreten, u. a. in Berlin, Rio de Janeiro, Los Angeles, Vaduz, Zürich und Paris. Er war an verschiedenen Kunsthochschulen tätig, u. a. in Luzern, Berlin-Weißensee und Bremen. Seine künstlerischen Arbeiten sind oft ironische Kommentare zu den Mechanismen des Kunstbetriebs, während seine baubezogenen Installationen konkret auf den Kontext Bezug nehmen. Als Kunst am Bau bzw. Kunst im öffentlichen Raum entstanden Objekte wie „Die Blume“ für die Bundesgartenschau in Schwerin 2009, „marked space – unmarked space“ für den Außenbereich der Berlinischen Galerie, 2013 das Lichtobjekt „use“ am Museum Heidenheim und 2015 vier Objekte (Petri-Pegel) im Park des Petriviertels in Rostock. Für den Bund realisierte er als Kunst am Bau 2010 die Bronzeskulptur „Pure Moore“ auf dem BKA-Gelände in Berlin-Treptow.

Bundeskriminalamt

Bauzeit: 1908

Bundeskriminalamt
Am Treptower Park 5-8
12435 Berlin

Preußische Kaserne 1908 eingerichtet, in der NS-Zeit von der Wehrmacht genutzt, 1945 von der Roten Armee besetzt; 1949 Einzug der Volkspolizei, 1962 der Grenztruppen der DDR. 1990 Übernahme durch die Bundeswehr, 1996-1999 für das Bundeskriminalamt hergerichtet.